Zu einer ausschweifenden Party gehört manchmal ein ausgewachsener Kater. Zwar war die Meisterparty bei Bayer 04 Leverkusen gar nicht so ausschweifend, denn weitere Titel sind zum Greifen nah. Aber der Kater war im Europa-League-Rückspiel bei West Ham United trotzdem ziemlich ausgewachsen.
Leverkusen, sonst die ganze Saison spielerisch unter Starkstrom, traf ein Spannungsabfall. So stand vor allem der sonst schon oft herausragende Verteidiger Odilon Kossounou neben sich. Er verschuldete mit einem Fehlpass und verlorenen Kopfballduell den frühen Rückstand, wurde nach 29 Minuten durch Edmond Tapsoba ersetzt.
Alonso will mit Leverkusen ins Fußball-Geschichtsbuch
Doch die Leverkusener schafften es erneut, sich wie Entfesselungskünstler aus einer misslichen Lage zu befreien. Das Team von Trainer Xabi Alonso kommt in dieser Spielzeit immer wieder mit einem Ur-Selbstvertrauen an die eigene Stärke zurück. So erzielte Bayer alle Treffer in der K.o.-Phase der Europa League nach der 70. Minute, in London glich Jeremie Frimpong (89.) aus und machte den Halbfinaleinzug endgültig klar.
Nicht umsonst gehört der europäische Rekord von wettbewerbsübergreifend 44 Partien ohne Niederlage nun Leverkusen. Die "Werkself" pulverisierte die Bestmarke von Juventus Turin (Mai 2011 bis Mai 2012). Und diese Serie soll selbstverständlich bis zum Saisonende halten, verdeutlichte Alonso, angefangen mit dem Bundesliga-Spiel bei Borussia Dortmund (Sonntag, ab 17.30 Uhr live in der Radio-Reportage und im Ticker bei der Sportschau).
Die Partie beim BVB hat mit Leverkusens vorzeitiger Meisterschaft und der Entwicklung, dass Dortmund wahrscheinlich auch als Tabellenfünfter aufgrund der UEFA-Saisonrangliste der Länder das Champions-League-Ticket lösen würde, sportlich zwar an Bedeutung eingebüßt.
Aber Alonso betonte: "Wir können noch historischer werden." Denn es winkt ein weiterer prestigeträchtiger Eintrag ins Fußball-Geschichtsbuch.
Leverkusen-Trainer Alonso - "Erstes und wichtigstes Ziel"
WDR. 19.04.2024. 00:43 Min.. Verfügbar bis 19.04.2025. WDR Online.
Leverkusen eifert Wengers FC Arsenal nach
Der FC Arsenal wurde in der englischen Premier League unter Arsène Wenger in der Saison 2003/04 ohne Niederlage Meister und die Spieler als "Invincibles" (die Unbesiegbaren) verehrt. Das deutsche Pendant dazu könnte bald Leverkusen sein - und Arsenal mit einem Triple ohne Niederlage sogar übertreffen.
Trainer Xabi Alonso peilt mit Bayer Leverkusen das Triple an - und alle Rekorde, die sich nebenbei so aufstellen lassen.
Denn im DFB-Pokalfinale gegen den 1. Kaiserslautern (25. Mai) ist Leverkusen ohnehin haushoher Favorit. Aber nach dem Ausscheiden von Jürgen Klopps FC Liverpool ist B04 nun auch in der Europa League das Schwergewicht. Im Halbfinale kommt es zur Wiederauflage gegen die AS Rom, mit der Alonso und seine Spieler nach dem Ausscheiden in der letzten Saison noch eine offene Rechnung haben.
"Wir freuen uns sehr auf die Revanche", sagte Abwehrchef Jonathan Tah. Trotz der Erinnerungen an ein hitziges Duell mit den mauernden Italienern, die durch Zeitspiel provozierten, formulierte es Alonso diplomatischer: "Im Fußball hat man immer eine zweite Chance für alles, nicht für Rache."
Sportdirektor Simon Rolfes, Architekt der Leverkusener Truppe, bezeichnete die Wiederauflage gegen Rom sogar als "fantastisch". Zumal das Vorjahresduell quasi der "Startpunkt" der aktuellen Erfolgssaison gewesen sei.
Wirtz nicht in Leverkusens Verkaufsauslage
Diese Erfolgssaison wirft längst auch international ein Schlaglicht auf die "Werkself"-Stars, um die sich im Sommer Top-Klubs bemühen werden. Zuletzt hatte Geschäftsführer Fernando Carro der spanischen "AS" gesagt, Leverkusen müsse "jedes Jahr einen großen Verkauf tätigen", um "zwei oder drei Neuverpflichtungen" zu bezahlen. Dabei soll ein Abgang von Wirtz (Vertrag bis 2027), dem Carro bei "Radio Marca" ein Preisschild von mindestens 150 Millionen Euro um den Hals hängte, aber nicht zur Debatte stehen.
Coach Alonso wollte diese Summe am Freitag nicht kommentieren: "Wir wissen, wie wichtig und speziell Flo für uns ist. Er ist ein Schlüsselspieler. Wir wollen mit ihm arbeiten und ihm helfen, sich zu entwickeln." Ohnehin betonte Alonso mit einem Lächeln: "Ich will alle." Er meinte in diesem Zusammenhang alle seine Spieler - hätte das aber auch auf alle Titel oder alle Rekorde beziehen können.