Investor Katar steigt ein

Befreiungsschlag für Solarworld

Stand: 18.06.2013, 18:53 Uhr

Lichtblick für Solarworld: Das Emirat Katar steigt bei dem hochverschuldeten Bonner Solarmodulhersteller ein. Firmenchef Frank Asbeck greift zusätzlich noch mal in die eigene Tasche. Ob das Unternehmen damit gerettet ist, sehen Experten eher zurückhaltend.

Von Petra Blum

Die erste gute Nachricht seit Langem für den Bonner Konzern Solarworld: Katar steigt mit seinem staatseigenen Investor "Qatar Solar" mit 35 Millionen Euro in das angeschlagene Unternehmen ein und gibt zusätzlich ein Darlehen von 50 Millionen Euro, aber auch Firmengründer Frank Asbeck schießt aus seinem Privatvermögen weitere zehn Millionen Euro zu. Der Solarkonzern mit rund 2.600 Mitarbeitern ist hoch verschuldet und verdient momentan kein Geld. Allein 2012 betrug der Verlust knapp 480 Millionen Euro. Aktuell plagen den Konzern Schulden in Höhe von fast einer Milliarde Euro.

Schuldenschnitt notwendig

Mit dem Einstieg von Katar ist der erste Befreiungsschlag gelungen - aber ob der Konzern damit gerettet ist, darüber trauen sich Experten noch kein Urteil zu. Der weitere Rettungsplan sieht vor, dass es einen Schuldenschnitt gibt: 55 Prozent der Schulden werden nicht zurückgezahlt, sondern in neue Aktien umgewandelt. Altaktien werden auf nur noch fünf Prozent des Unternehmenswertes abgewertet. Die Gläubiger und Anteilseigner müssen diesem Sanierungsplan allerdings noch zustimmen.

Man kennt sich bereits

"Dass ein Investor gefunden werden konnte, der bereit ist, in das Unternehmen in seiner momentanen Verfassung zu investieren, ist natürlich ein großer Fortschritt für Solarworld", sagt Stefan Freudenreich, Analyst der Equinet Bank in Frankfurt. Der Investor aus Katar und Solarworld sind bereits Partner: Sie produzieren im Emirat gemeinsam in einem Joint Venture mit dem Namen "Qatar Solar Technologies" Polysilizium, das später zu Solarzellen verarbeitet wird. In die Investmentstrategie eines Staates wie Katar passt Solartechnologie - man möchte weg vom Öl. "Die Ölstaaten sind bestrebt, ihr Geschäftsmodell auf verschiedene Säulen zu stellen", sagt Freudenreich. "Sie möchten in neue Technologien wie etwa Solar einsteigen, die zukunftsträchtig sind und global vermarktet werden können." Geholfen hat seiner Meinung nach auch, dass Katar durch das Joint Venture mit Solarworld bereits einen gewissen Einblick in das Unternehmen und das Geschäftsmodell hatte.

Ruinöser Preiskampf

Experten glauben, ohne den Einstieg eines Investors wäre es für Solarworld schwierig geworden, weiter zu bestehen - auch wenn der Firmengründer Frank Asbeck selbst noch einmal tiefer in die Tasche gegriffen hätte. Asbeck hatte immer wieder die Konkurrenz durch günstigere chinesische Solarprodukte als Grund für die Schieflage seines Unternehmens beklagt. Analysten wie Stefan Freudenreich sehen aber noch weitere Gründe: "Die Solarbranche entwickelt sich zu einer gewaltigen Industrie. Es wäre an der Zeit für Solarworld, sich auf bestimmte Stärken zu konzentrieren und die Ressourcen darauf zu verwenden, anstatt die gesamte Wertschöpfung selbst abdecken zu wollen", so die Meinung des Analysten.

Konzern muss sich neu aufstellen

Solarworld ist ein sogenannter integrierter Solarmodulhersteller. Das heißt, dass Zellen oder die so genannten "Wafer" nicht zugekauft, sondern selbst produziert werden. Wafer sind Siliziumscheiben, aus denen dann in der weiteren Verarbeitung Solarzellen und Module hergestellt werden. In der Vergangenheit hatte Solarworld noch hohe Gewinne mit Fertigung und Verkauf dieser Siliziumscheiben verdient. Produziert wird in Deutschland und den Vereinigten Staaten. Doch die Preise sind stark unter Druck geraten, diese Bestandteile von Solarmodulen werden - ähnlich wie Speicherkarten in der Computerindustrie - immer mehr zu einem Standardprodukt, das in Asien viel billiger hergestellt wird.

Dieser Teil des integrierten Geschäftsmodells setzt dem Unternehmen zu. "Ich sehe auch keine Chance, mit einer Wafer-Fertigung in Deutschland oder den USA mittelfristig wieder Gewinne zu erwirtschaften", sagt Freudenreich. Eine Lösung für Solarworld könnte sein, sich vermehrt auf kundennahe Lösungen und kleinere Anlagen zu fokussieren. "Darin sehe ich eine echte Stärke von Solarworld", so der Analyst. Das Bonner Unternehmen war als Erfinder des "Suncarports" bekannt geworden, einem Carport mit Solardach für Privatkunden. "Es ist ein echter Mehrwert, wenn Solarkunden etwa hier in Deutschland einen Ansprechpartner vor Ort haben", sagt Freudenreich.

Strafzölle politisch umstritten

Firmengründer Asbeck setzt dagegen große Hoffnungen auf die politisch umstrittenen EU-Schutzzölle gegen chinesische Konkurrenzprodukte. Die Zölle, die von der chinesischen Regierung vehement abgelehnt werden, betragen aktuell 11,8 Prozent. Es gibt Pläne, sie Anfang August auf 47 Prozent anzuheben, doch die sind heftig umstritten. Asbeck hofft, dadurch sei wieder ein fairer Wettbewerb möglich. "Dumping darf man nicht tolerieren", bekräftigte der Firmengründer mehrmals. Solar-Experten schätzen die Chancen, dass derart hohe Strafzölle erhoben werden könnten, allerdings nicht als sehr hoch ein.

Schloss wird nicht verkauft

Firmengründer Asbeck teilte derweil mit, er wolle wegen der angespannten Lage seiner Firma wie schon seit dem Sommer 2012 auf sein Gehalt verzichten. Aber schon 2014 oder 2015 seien wieder schwarze Zahlen möglich, so der Gründer. Und obwohl die Rettung von Solarworld auch für Asbeck teuer wird, ließ er wissen, sein privates Schloss auf keinen Fall verkaufen zu wollen.

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