3. Oktober 1932 - "The Times" erscheint erstmals in der Schrift "Times New Roman"

Am 3. Oktober 1932 erscheint die britische Tageszeitung "The Times" im neuen Design. Kein Punkt mehr im Titel, dafür in einer neuer Schrift gesetzt. Als "Times New Roman" werden die Typen weltberühmt und gehören bis heute zu den wichtigsten Fonts.

Ende der 1920er-Jahre kritisiert der Typograph Stanley Morison die mächtige Tageszeitung "The Times" scharf. Er wird so deutlich, dass sogar die Geschäftsführung des britischen Blattes hellhörig wird. Doch Morison geht es nicht um den Inhalt - etwa misslungene Artikel, unpassende Bilder oder falsche Themen. Er bemängelt das Aussehen der Zeitung: Schlechte Druckqualität, antiquiertes Schriftbild, visuell einiges aufzuholen, so seine Meinung.

Morison hat ein Faible für historische Schriften und studiert die Anatomie der Schriftzeichen mit all ihren geheimnisumwitterten Begriffen wie Punzen, Kegelhöhen, Bögen oder Schleifen. Er arbeitet unter anderem als typographischer Berater für einen Hersteller von Setzmaschinen, nun darf er bei der "Times" ran. Er soll eine moderne und einfach zu lesende Schriftart für die Zeitung entwerfen. Morison ist in seinem Element.

Der Punkt muss weg

Sein Engagement knüpft er allerdings an eine Bedingung: eine Radikalkur der Titelzeile. Die ist bisher in altbackener Fraktur gehalten und endet mit einem Punkt. Nach 144 Jahren soll dieses traditionsreiche Markenzeichen weg.

Geschäftsführung und Gesellschafter geben letztendlich grünes Licht, und Morison beginnt mit seiner Arbeit. Er muss sämtliche Rubriken neu gestalten - von den Nachrichten über die Meinungen bis hin zur Unterhaltung und den Kleinanzeigen. Er probiert verschiedene Schriftschnitte, Strichstärken und Höhen aus, gestaltet Groß- und Kleinbuchstaben, Ziffern und Sonderzeichen.

Times-Mitarbeiter Victor Lardent überträgt zwei der Entwürfe mit dem Bleistift in druckfähige Vorlagen, aus denen man schließlich eine auswählt. Das Ergebnis dieser Entscheidung halten die Leser der Times am 3. Oktober 1932 in den Händen: Die erste Ausgabe gedruckt in "Times New Roman". Der Name entsteht in Anlehnung an die ehemalige Schrift der Zeitung, "Times Old Roman".

Die Schriftart Times New Roman wird eingeführt (am 03.10.1932) WDR ZeitZeichen 03.10.2022 14:53 Min. Verfügbar bis 03.10.2099 WDR 5

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Schriftart wird weltberühmt

Mit Times New Roman setzt Morison einen neuen Trend. Er befreit "The Times" vom verstaubten Anstrich der Viktorianischen Epoche. Die Schriftart ist modern, gefällig und universell. Nebenbei spart der schmale Textlauf Platz und Tinte. Trotzdem ist sie durch ihre offenen - also nicht miteinander verbundenen - Buchstaben gut lesbar.

Diese Eigenschaften verhelfen Times New Roman zu einer großen Popularität - auch außerhalb von Zeitungsredaktionen und Druckereien. Microsoft und Apple integrieren die Schriftart früh in ihre Betriebssysteme. Als Anfang der 1980er Personal Computer die Welt erobern, ist die Schriftart auf den Bildschirmen der Anwender mit dabei.

2006 stellt die Times ihre Tradition übrigens schon wieder in Frage - mit der neuen Schriftart "Times Modern". Sie hat andere Serifen und wirkt tatsächlich moderner. Dennoch bleibt die Verwandtschaft zu Morisons Times New Roman klar erkennbar.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Claudia Friedrich
Redaktion: Frank Zirpins / David Rother​

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