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"Der Drahtzieher" von Sarah Pines

Stand: 27.09.2024, 09:48 Uhr

Sarah Pines ist im Sauerland aufgewachsen und genau dort, in Iserlohn, spielt ihr erster Roman. Es ist das Jahr 1926 und im Mittelpunkt stehen der Fabrikant Theodor Hugo Hasselt, seine Geliebte und Cousine Alba, sein Freund Albert und dessen Verlobte Marthe.

Theo reist geschäftlich nach Südafrika, um dort das Projekt einer bedeutenden Eisenbahntrasse bis nach Kairo voranzutreiben. Während seines Aufenthalts lernt er Alba kennen und lieben. Theo und Alba reisen gemeinsam zurück nach Deutschland.

Theo ist ein impulsiver, manchmal herrischer und dekadenter Typ. Sein Freund Albert, der ebenfalls einer Fabrikantenfamilie entstammt, ist mit der reichen und reizvollen Marthe verlobt, in die auch Theo noch immer verliebt ist. Die Zeit zwischen den Kriegen bedeutet für beide Freunde gesellschaftliche Umwälzungen.

So ist Theo in seinem privaten Umfeld von zwei sehr unterschiedlichen Frauen umgeben, einerseits Alba, die sich in völlige Abhängigkeit zu ihm begibt, andererseits Marthe, die sich emanzipieren möchte. Geschäftlich spürt er zunehmend, dass die Zeiten für vormals prosperierende Unternehmen, besonders in der Metall- und Drahtindustrie, immer schwieriger werden.

Sarah Pines hat ein farbig schillerndes gesellschaftliches Panorama der 1920er Jahre geschaffen, in dem es um Liebe, Abhängigkeit und Verrat geht. Sie zeichnet einerseits in grellen Farben das großherrschaftliche Leben des deutschen Geldadels, andererseits gestattet sie mit feinem Gespür einen Einblick in dessen gesellschaftliche Zwänge und Zukunftsängste. Aber auch der natürlichen und wilden Schönheit des Sauerlandes schenkt die Wahl-New Yorkerin in Ihrem großartigen Roman viel Aufmerksamkeit.

Eine Rezension von Andreas Wallentin

Literaturangaben:
Sarah Pines: Der Drahtzieher
Diogenes Verlag, 2024
320 Seiten, 24 Euro