Küchenexperimente - Prost ohne Korkenzieher

Stand: 20.06.2014, 16:05 Uhr

Wie öffnet man eine Weinflasche, wenn kein Korkenzieher zu Hand ist? Mit Ausdauer, Gefühl und leichten Schlägen.

Von Sascha Ott

Auf jeder Party, die diesen Namen verdient – also in der Wohnung ein gesundes Maß an Chaos verursacht – taucht irgendwann die Frage auf: Wo ist der verflixte Korkenzieher? Natürlich kann man den Stopfen einfach rustikal in die Flasche hineindrücken. Das sieht aber nicht schön aus und der Korken versperrt anschließend beim Ausgießen ständig den Flaschenhals. Es geht auch eleganter: Man klopft den Korken aus der Flasche heraus.

DER VERSUCH

Für dieses Küchenexperiment braucht man keine besonderen Hilfsmittel, sondern nur:

  • eine Weinflasche;
  • ein Geschirrtrockentuch;
  • eine stabile Wand (für den Einstieg bietet sich eine Mauer im Garten an...)

Man wickelt das Handtuch um den Flaschenboden, sodass dieser einigermaßen gepolstert ist. Dann stößt man die Flasche mit dem Boden voran mehrfach kräftig gegen die Wand. Die Flasche sollte dabei möglichst waagerecht gehalten werden. Die Stöße gegen die Wand sollten kräftig, aber eben auch nicht zu kräftig sein. Sensible Naturen legen vorher schnittfeste Arbeitshandschuhe an.

DAS ERGEBNIS

Zugegeben, man muss schon etwas Geduld mitbringen. Es kann schon einige Stöße brauchen, bis man ein Gefühl dafür entwickelt hat, wie viel Kraft die Flasche verträgt. Doch dann wird es irgendwann sichtbar: Der Korken rutscht aus dem Flaschenhals. Langsam und millimeterweise zwar, aber Schlag für Schlag ein Stückchen weiter. Wenn der Stopfen mal den ersten Ruck getan hat, dann geht es etwas schneller. Irgendwann kann man ihn dann einfach mit der Hand ganz herausziehen. Die Flasche ist geöffnet – und erstaunlicherweise noch heil.

DIE ERKLÄRUNG

Wenn ich die Flasche gegen die Wand schlage, wird der Wein in Richtung Flaschenboden beschleunigt. Dort wird er beim Auftreffen stark abgebremst und dann zurückgeworfen wie ein Ball, der von einer Wand zurückprallt. Der Wein schlägt also zurück in Richtung Flaschenhals und gibt seinen Impuls an den Korken weiter. Dadurch wird der Korken Schlag für Schlag aus der Flasche gedrückt.

Es kommt noch ein Effekt hinzu, der ist jedoch deutlich komplizierter: Wenn man genau hinschaut, erkennt man direkt am Korken winzige Bläschen, die bei jedem Schlag entstehen. Das sind sogenannte Kavitationsblasen. Sie entstehen, weil sich beim nach vorne schlagen der Flasche am Korken der Druck absenkt. Dadurch fallen winzige Bläschen von Wasserdampf, die sonst im Wein gelöst wären aus. Einen ähnlichen Effekt gibt es zum Beispiel auch unter Wasser an Schiffsschrauben. Diese Blasen lösen sich zwar fast sofort wieder auf. Dabei entstehen aber kleine Stoßwellen und die treiben auch den Korken mit aus der Flasche.

Das Experiment funktioniert mit echtem Korken im Allgemeinen besser als mit Plastikstopfen. Außerdem kann der Druckimpuls am besten auf den Korken wirken, wenn sich der Flaschenhals allmählich und gleichmäßig verjüngt. Bei Flaschen, die bis fast an die Öffnung zylindrisch sind, geht es schwieriger. Anstelle des Handtuchs kann man natürlich auch eine Zeitung nehmen. Oder ganz elegant: Man stellt die Flasche in einen Schuh und schlägt diesen dann mit dem Absatz gegen die Wand.

FAZIT

Weinflaschen öffnen mit der Wandmethode ist vielleicht am ehesten etwas für launige Gartenfeste. Nur sehr erfahrene oder sehr gut versicherte Flaschenöffner, wagen den Trick mit einer Flasche Burgunder über dem neuen weißen Sofa der Nachbarn.

Redaktion:
Peter Ehmer