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COSMO Tech - Wer stürmt denn da?

Stand: 16.02.2021, 17:09 Uhr

Wer ist beim Sturm auf das Capitol in Washington am 6. Januar dabei gewesen? Das fragen sich nicht nur Ermittlungsbehörden wie das FBI - und durchforsten das Netz nach Belegen.

Der New York Times wurde ein Datensatz mit über 100.000 Ortsdaten von Tausenden Smartphones von diesem Tag zugespielt. Aus den vermeintlich anonymen Daten lassen sich mit wenigen Handgriffen ganz konkrete Personen ermitteln. Das Ende der Privatsphäre? Jörg Schieb und Dennis Horn besprechen in dieser Ausgabe die Dimension des Daten-Leak.

Von Dennis Horn und Jörg Schieb

COSMO Tech - Wer stürmt denn da?

COSMO TECH 16.02.2021 01:05:05 Std. Verfügbar bis 16.02.2026 COSMO


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Wir reden noch mal über den 6. Januar. Dem Tag also, der zweifellos für immer in die Geschichtsbücher eingehen wird. Denn an dem Tag hat ein Mob das Capitol in Washington D.C. gestürmt - und konnte sogar in die Heiligen Hallen eindringen. Einige drohten Nancy Pelosi und Mike Pence sogar unverhohlen mit dem Tod.

Das ist dramatisch - aber für sich natürlich noch kein COSMO Tech Thema. Wohl aber die Tatsache, dass die Vorgänge - zumindest teilweise - eindrucksvoll in Big Data dokumentiert sind. Oder mit Hilfe von Big Data rekonstruiert werden können. Mit Hilfe der Daten lässt sich belegen: Rund 40% der Menschen mit Smartphone in der Tasche, die Donald Trump bei seiner Rede zuhörten, sind anschließend zum Capitol gestürmt. Das zeigen datenbasierte Grafiken, die anhand von vorhandenen Bewegungsprofilen von Tausenden Menschen nachgezeichnet werden konnten.

[03:20] Der Artikel in der New York Times

Doch es ist sogar gelungen, Dutzende von Menschen anhand der Daten ausfindig machen zu können. Der New York Times ist das gelungen.

[07:10] Was Datenanalysten alles aus Daten machen können

Datenanalysten der NYT haben die Daten untersucht - und anschauliche Grafiken daraus gemacht. Animationen, die keinen Zweifel daran lassen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Rede von Donald Trump - und dem Sturm aufs Capitol.

[13:30] Animation zeigt Bewegungsmuster

Ganz allgemein sind die am 6. Januar gesammelten Daten eine Demonstration der drohenden Gefahr für unsere Freiheiten, die von einer Überwachungswirtschaft ausgeht, die die Bewegungen der Rechtschaffenen und der Bösen gleichermaßen monetarisiert.

Die Daten, die uns zur Verfügung gestellt wurden, zeigten das, was einige in der Tech-Industrie eine 'gottähnliche' Sicht auf diesen dunklen Tag nennen könnten. Sie enthalten etwa 100.000 Standort-Pings für Tausende von Smartphones und zeigen etwa 130 Geräte im Kapitol genau dann, als die Trump-Anhänger das Gebäude stürmten.

GPS-Daten alleine sind in der Regel auf wenige Meter genau. Wenn noch andere Daten wie WLAN oder Bluetooth-Signale dazu kommen, wird es präziser. Aber diese Daten fehlen hier. Am Ende würde das als Beweis vor Gericht nicht gelten, weil man nicht sicher sagen könnte: War die Person IM Capitol - oder stand sie nur davor? Aber die Datenanalysten sind weiter gegangen. Es ist ihnen tatsächlich gelungen, von mindestens 130 Smartphones die Besitzer zu ermitteln.

Über die Advertising-ID lässt sich über Umwege eine Menge herausfinden. Es gibt Datenbanken und Tools im Internet, die man nutzen kann, um mehr über die Advertising-ID zu erfahren. Am Ende weiß man schnell, welche Facebook oder Twitter Profile dahinter stecken. Und zack: Weiß man, mit wem man es zu tun hat. Die Redaktion hat Posts präsentiert, die die Träger des Smartphones zeigen - wie sie im Capitol posen. Wie sie sich rühmen, dass sie drin sind. Das klappt also durchaus. Selbst die Namen einzelner Personen hat die Redaktion ermittelt. Sogar eine dreiköpfige Familie - alle Handys an und drin gewesen. Es ist unglaublich.

[20:10] Die Advertising ID

[24:10] Bericht aus den USA - von unserem ARD-Korrespondenten

Auch das zweite Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump ist abgewehrt worden. Es haben sich nicht genügend Senatoren gefunden, die Trump für die Geschehnisse in Washington verantwortlich machen wollten. Doch die Datenauswertungen der New York Times haben von sich Reden gemacht. Sogar hier in Europa. Aber wie sieht es in den USA aus? Das wollen wir unseren ARD-Korrespondenten im Silicon Valley fragen: Marcus Schuler.

[30:00] Gespräch mit Julia Reda

Kommen wir nach Europa. Da schauen wir ja gerne kritischer auf mangelnden Datenschutz. Nachdem wir also wissen, dass selbst die USA langsam wach werden und sich fragen, ob das mit der Überwachungs-Ökonomie alles seine Richtigkeit hat, sollten wir uns in Europa doch erst recht damit beschäftigen.

Deswegen reden wir jetzt mit Julia Reda. Sie ist Politikerin, war 2014 bis 2019 für die Piratenpartei Mitglied des Europäischen Parlaments und arbeitet seit 2020 bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte in Berlin.

[56:00] Gespräch mit Michael Terhaag

Interessant ist aber natürlich auch die Frage: Geht das eigentlich - ist das erlaubt? Denn es ist ja so: Wir überlegen uns ganz genau, wem wir unsere Telefonnummer geben. Wer kommt da schon auf die Idee, dass es eine viel aussagekräftigere Nummer gibt, die Advertising ID, die automatisch und unbemerkt andauernd übertragen wird. Rechtlich nicht OK, sagt Fachanwalt Michael Terhaag.

Kontakt


E-Mail: cosmotech@wdr.de
Die nächste Ausgabe von COSMO TECH erscheint am 02. März 2021.