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Plakat von Toomaj Salehi, bei einer Versammlung auf der Place de la Bastille für die Freilassung des iranischen Rappers, der im Iran inhaftiert ist.

Global Pop News 15.08.2024

Todesurteil gegen Toomaj endgültig aufgehoben

Stand: 15.08.2024, 13:44 Uhr

Das Revolutionsgericht im Iran bestätigt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs | SoundCloud stellt neuen Online-Merch-Marktplatz für Künstler vor | KI-Song mit problematischer Message in den Charts | Unsere News aus der Welt des Global Pop.

Von Anne Lorenz

Das Todesurteil gegen Toomaj wurde vollständig aufgehoben. Dennoch bleiben zwei Anklagepunkte gegen den iranischen Rapper bestehen und er sitzt weiterhin in Haft. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie, die auch die politische Patin von Toomaj ist, spricht von einem "Ping-Pong-Spiel".

Bereits im Juni hatte der Oberste Gerichtshof im Iran das Todesurteil gegen Toomaj aufgehoben und den Fall zur erneuten Prüfung an das Revolutionsgericht zurückverwiesen – dasselbe Gericht, das den Rapper im November letzten Jahres wegen seiner Rolle während der Proteste wegen "Korruption auf Erden" zum Tode verurteilt hatte. Nun hat dieses Revolutionsgericht die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bestätigt und das Urteil endgültig aufgehoben.

Obwohl dies zunächst gute Nachrichten für Toomaj sind, sieht Ye-One Rhie die Entwicklung kritisch. Sie kommentiert, dass dies erneut zeige, wie weit das iranische Regime von Rechtsstaatlichkeit entfernt sei. Urteile würden willkürlich und ohne Rechtsgrundlage gefällt und wieder aufgehoben. Vielmehr missachte das Regime die Menschenrechte. Dieses Hin und Her zermürbe unschuldige politische Gefangene und ihre Angehörigen und reiße sie innerlich auseinander.

Ye-One Rhie betont zudem, wie wichtig es sei, die Entwicklungen im Iran aufmerksam zu verfolgen und zu kommentieren, auch wenn viele der Methoden des Regimes inzwischen nichts Neues mehr seien. Nur so könne man das Regime zur Verantwortung ziehen. Die SPD-Politikerin fordert deshalb weiterhin: "Free Toomaj!"

SoundCloud stellt Merch-Store vor

Der Online-Musikdienst startet einen neuen Merchandise-Marktplatz für Künstler. Unter den ersten Künstlern im Store ist Wiz Khalifa. Vom US-Rapper aus Pittsburgh kann man aktuell ein exklusives Fan-Shirt über den neuen Merch-Shop kaufen. Das Besondere am neuen Service: Der SoundCloud Store lässt Künstler 100 % der Gewinne behalten. Dafür müssen allerdings einige Bedingungen erfüllt werden: Künstler benötigen ein Next-Pro-Abo bei SoundCloud, das umgerechnet knapp 90 € im Jahr kostet. Zudem ist der Service auf Artists in den USA, Kanada und Europa beschränkt.

SoundCloud verspricht jedoch auch einige Vorteile: Künstler reichen ihr Design ein, und das Unternehmen kümmert sich nach eigenen Angaben um die Produktion, den Versand und die Werbung auf Social Media. Für Artists sollen also keine Vorabkosten anfallen, was den Service besonders für Independent Acts attraktiv macht. Der neue SoundCloud Store ist ein weiteres Tool zur Fanbindung, auf das die Plattform derzeit ihren Fokus legt. Ein weiterer Service ist zum Beispiel, dass Artists direkt in Kontakt mit Fans treten oder ihre Musik von ihnen bewerten lassen können.

Um zu zeigen, wie es funktioniert, hat sich SoundCloud mit Künstlern wie Wiz Khalifa und dem Rapper Denzel Curry zusammengetan. Von ihnen stammen die ersten Merch-Artikel im Store. SoundCloud will damit ein neues Image aufbauen, das die Nähe zwischen Fan und Artist betont. Die Plattform möchte sich offensichtlich als Bindeglied positionieren. Natürlich geht es dabei auch um Geschäftsinteressen – SoundCloud ist letztlich ein Unternehmen und will mit diesen zusätzlichen Services für Artists sicherstellen, dass es in der Musikindustrie weiterhin relevant bleibt.

KI-Song mit problematischer Message in den Charts

Gerade hat es zum ersten Mal ein Song in die deutschen Charts geschafft, der mit Hilfe von KI produziert wurde. "Verknallt ein einen Talahon" heißt die Nummer. Geschrieben und komponiert vom Kölner Produzenten Butterbro. Stimme und Sound hat er von Künstlicher Intelligenz erstellen lassen. Und mit diesem Song ist der Hobby-Musiker seit Ende letzter Woche auf Platz 48 der deutschen Single-Charts.

Los ging es auf TikTok, dann ging "Verknallt in einen Talahon" auch auf Spotify durch die Decke. Zu pfiffigem Siebziger-Schlager-Sound singt ein KI-Mädchen über den Stereotyp des Talahon. Wer in den sozialen Medien unterwegs ist, hat den Begriff schon mal gehört. Er leitet sich aus dem Arabischen ab, von "Ta’al La’hon" – das bedeutet "Komm Her". Gemeint sind damit im weitesten Sinne junge Männer mit Migrationshintergrund, Gucci-Cap und passender Bauchtasche. Angriffslust, Kriminalität und ein Frauenbild aus dem letzten Jahrhundert werden diesem Klischeebild auch noch zugeschrieben.

Manche Migra-Kids verwenden den Begriff zwar auch selbstbezeichnend, die Mehrheit der jungen Menschen versteht Talahon allerdings klar als Beleidigung. Dr. Cihan Sinanoğlu, der Leiter des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung in Berlin hat den Song "Verknallt in einen Talahon" mal aus eigener Sicht eingeordnet.

"Auf den ersten Blick wirkt das Lied durch den Schlager-Sound, finde ich, ironisch und dadurch unverfänglich. Aber wenn wir uns mit dem Text näher beschäftigen, sehen wir, dass das Lied mit rassistischen Klischees spielt. Es geht um wütende, arme und kriminelle junge Männer. Was auffällt ist, dass mit Hilfe einer KI Rassismus im Grunde genommen in Warenform eines Liedes ganz unverfänglich konsumiert werden kann. Und dies führt meiner Einschätzung nach zu Normalisierung von Rassismus!" Dr. Cihan Sinanoğlu

Butterbro selbst hat bisher noch nicht auf das negative Feedback zu seinem Song reagiert, obwohl er auf seinem TikTok-Kanal immer wieder auf Entwicklungen zu seinem Song eingeht. Aus seinen vorherigen Kommentaren wird jedoch deutlich, wie unbedarft er von vornherein an die Sache herangegangen ist. In einem Clip sagt Butterbro: 'Die ganze Sache habe ich eigentlich für uns gemeinsam gemacht, damit wir hier eine lustige Sache starten!'

Butterbro ist eigentlich Software- und Game-Designer und wollte vermutlich in erster Linie viral gehen. Das ist ihm auf jeden Fall gelungen. Man muss dazu auch sagen, dass unter den tausenden TikTok-Clips, die zum Song mittlerweile kursieren, auch viele von jungen Menschen mit Migrationshintergrund sind. Manche scheinen die Songzeilen also doch auch witzig zu finden. Ob allerdings jeder dieser User weiß, dass der Song nicht etwa von jemandem aus der Community stammt, sondern von einem Software-Designer aus Köln, ist schwer zu überprüfen.