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Der iranische Rapper Toomaj Salehi wendet sich an Nutzer über seine Social-Media-Kanäle

Global Pop News 24.06.2024

Iran: Todesurteil gegen Toomaj Salehi aufgehoben

Stand: 24.06.2024, 10:17 Uhr

Todesurteil gegen iranischen Rapper Toomaj Salehi aufgehoben | Französische Electro-Community warnt mit offenem Brief vor Rechtsruck | Prominente Musiker:innen unterstützen Proteste in Kenia | Unsere News aus der Welt des Global Pop

Von Bamdad Esmaili / Anna Kravcikova

Iran: Todesurteil gegen Toomaj Salehi aufgehoben

Toomaj Salehi hat vor allem bei den jüngsten Protesten im Iran eine wichtige Rolle gespielt. Der iranische Rapper wurde verhaftet und zum Tode verurteilt. Jetzt wurde das Urteil gegen ihn aufgehoben, hat sein Anwalt auf X bekanntgegeben. Das Verfahren soll neu verhandelt werden und das Gericht den Fall zur Prüfung an eine andere Instanz geben haben.

Toomaj Salehi gilt als eine der Schlüsselfiguren der "Frauen-Leben-Freiheit-Proteste". Mit seiner Musik und seinen Texten war Toomaj dem Regime schon immer ein Dorn im Auge. Doch als im Herbst 2022 die Proteste losgingen, stand er noch stärker auf der Seite der Menschen. Damals erlebte der Iran nach dem gewaltsamen Tod von Jina-Mahsa Amini die größten Proteste seit Bestehen der Islamischen Republik. Toomaj lieferte den Soundtrack zu den Protesten. Dann wurde Toomaj verhaftet und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt - unter anderem wegen Propaganda gegen das Regime und Anstiftung zu Unruhen. Im November letzten Jahres kam er auf Kaution frei. Der Rapper hatte daraufhin in einem Video berichtet, wie schwer er gefoltert wurde und wie katastrophal die Haftbedingungen waren. Wenige Tage später wurde er wieder ins Gefängnis gebracht und bekam die Quittung: Todesurteil wegen Korruption auf Erden und Rebellion gegen den Herrscher.

Die Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie, die politische Patin von Toomaj, schreibt bei X: "Könnte sein, dass das Urteil des Obersten Gerichtshofs mit den 'Wahlen' nächste Woche zu tun hat. Aber selbst das islamische Regime weiß, dass es sein Urteil nicht noch einmal ändern darf, wenn es einigermaßen verfassungskonform erscheinen will. Sie müssen Toomaj freilassen." Wie und ob das Todesurteil bei  der nächsten Instanz geändert wird, ist nicht klar.

Französische Electro-Community warnt vor Rechtsruck

Am Sonntag beginnen in Frankreich die Parlamentswahlen. Mit einem offenem Brief will die Electro-Community gegen rechte Politik dort aufmerksam machen. Mit dabei sind Artists wie Eloi, Beatrice M. oder DJ Schnake. Sie fordern, dass sich die französische Clubbing Community gegen die rechtsextreme Bedrohung aufrafft.

Zum Hintergrund: Die regierende Partei von Präsident Macron musste bei den jüngsten Wahlen der Europäischen Union schwere Verluste hinnehmen musste. Das rechtsextreme Rassemblement National dagegen bekam hohe Zustimmungen. Präsident Macron hat daraufhin angekündigt, die französische Nationalversammlung aufzulösen. Heißt konkret: Neuwahlen.

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Den offenen Brief der Electro-Community haben mehr als 200 Mitglieder der Electro-Community unterzeichnet, darunter auch Veranstalter und Labels. Darin heißt es: "Unsere kulturelle, plurale und integrative Gemeinschaft muss sich unbedingt mobilisieren, um die Zukunft der Freiheiten zu sichern, die wir gemeinsam errichtet haben". Jetzt soll ein Komitee aus all diesen Akteuren mit verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen auf die Gefahren des Rechtsrucks aufmerksam machen. Vor allem junge Wählerinnen und Wähler sollen sensibilisiert werden, um für die Demokratie und gegen Rechts wählen zu gehen. Die Wahlen finden in zwei Runden statt - diesen und am darauffolgenden Sonntag. 

Prominente Musiker:innen unterstützen Proteste in Kenia

Seit Tagen gibt es Proteste in Kenia, weil die Regierung die Steuern erhöhen will. Widerstand gibt es auch von Künstlern dort. Afropop-Sänger Charisma ist einer von ihnen. Er wurde bei den Protesten in Kenia kurzzeitig festgenommen. Der Musiker hat auch Fotos von den Protesten gepostet.

Der Widerstand gegen die Steuerhöhlungen ist massiv und es kam zu Straßenschlachten in den die vergangenen Tagen. Dabei ist ein Mensch gestorben, rund 50 wurden verletzt, viele wurden verhaftet. Besonders die Gen Z wehrt sich gegen die Pläne der kenianischen Regierung. Diese will die Steuern auf Grundnahrungsmittel und andere Güter drastisch zu erhöhen. Kenia ist mit rund 80 Milliarden US-Dollar hoch verschuldet und muss etwas unternehmen, um Geld in die Staatskasse zu bekommen.

Für Dienstag (25.06.24) ist ein landesweiter Streik geplant. Charisma ruft dazu auf, wieder auf die Straßen zu gehen. "Total Shutdown in Kenya" steht auf dem Foto von einem Plakat, dass er geteilt hat. Und in einem Video bei Insta appelliert Charisma an andere Promis, mitzumachen: "Ihr seid eine Stimme. Ihr seid einflussreich. Wenn ihr zu den Spielen kommt, versucht, die Menschen zum Ziel zu führen. Versucht, die Menschen zum Ziel zu führen. Lasst uns nicht aus den Augen verlieren, warum wir hier sind".

Geplant ist, friedlich zu demonstrieren und das Parlament lahmzulegen. Denn diese Woche soll über den neuen Haushaltsentwurf und Steuern endgültig entschieden werden. Einen Rückzieher gab es allerdings offenbar schon. Die 16-prozentige Mehrwertsteuer auf Brot soll es nicht geben. Aber damit das Einkommen der kenianischen Bevölkerung trotzdem nicht noch schmaler wird, demonstrieren die Menschen in vielen Städten weiter.

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Eine andere prominente Unterstützerin der Proteste ist die Afro-Soul- und RnB-Sängerin Atemi Oyungu. Auch sie war bei den Protesten dabei. Sie schreibt, dass sie wiederholt mit Tränengas beschossen worden sei. Sie kritisiert bei X, dass sich die ältere Generation nicht an den Protesten beteilige und sich nicht genug für ihre Kinder bei den Protesten einsetzt. Sie schreibt: "Sie haben keine Ahnung, was uns am Dienstag erwartet".

TikTok möchte mehr Musik-Urheberrechte besitzen

TikTok möchte mehr Musik-Urheberrechte besitzen Spotify versucht seit einiger Zeit, eigene Musik auf der Plattform zu veröffentlichen, die zum Beispiel KI-generiert ist. Jetzt hat auch TikTok einen ähnlichen Plan. Um ein neues Team zusammenzustellen, sucht TikTok gerade nach "Music Content Investment Managern", die Musikrechte einkaufen sollen. Es ist für TikTok günstiger, die Musik selbst zu besitzen, als die vielen Artists und Labels für ihre Urheberrechte zu bezahlen. Außerdem kann TikTok bei den Milliarden von Nutzerinnen und Nutzern den Usern dann mithilfe von Algorithmen überwiegend Musik vorschlagen, die TikTok gehört.

Die Informationen um das neue Investment-Team gehen aus zwei Stellenausschreibungen hervor, die das Unternehmen veröffentlicht hat. Darin heißt es, dass das neue Investment-Team "die Zukunft der TikTok-Musikgeschäfte mitgestalten" soll. Das könnte große Auswirkungen auf die Musikbranche haben. Mit dem Dienst "SoundOn" hat TikTok schon einen Vertrieb ins Leben gerufen, der Musik von Indie-Künstler:innen verbreitet und monetarisiert, bevor sie Angebote erhalten, bei anderen Plattenfirmen zu unterzeichnen. Jetzt könnte TikTok einem aufstrebenden Independent-Künstler einen Deal für eine Beteiligung an seinem Katalog oder das volle Eigentum daran anbieten, lange bevor die großen Plattenfirmen eine Chance bekommen.

Aber nicht nur Newcomer, auch ältere Titel gehen immer wieder viral. TikToks Algorithmen könnten in solchen Fällen schnell reagieren und durch das neue Investment-Team gezielt in ältere, weniger bekannte Musikrechte investieren, bevor die Inhalte auf dem Streamingdienst erfolgreich werden. TikTok möchte damit die eigenen Gewinne vergrößern und sich unabhängiger von den Major Labels machen, womöglich als Reaktion auf die schwierigen Lizenzverhandlungen mit Universal Anfang des Jahres. Es ist naheliegend, dass TikTok erkannt hat, dass sie in der Musikbranche aktiver werden müssen und ihre eigenen Urheberrechte besitzen sollten!

Visa-Hürden bei afrikanischen und asiatischen Artists

Immer mehr Musiker aus Afrika und Asien klagen über „demütigende“ Visa-Hürden für Europa - so auch die kenianische DJ und Produzentin Coco Em. Sie spielt ab Mittwoch auf dem legendären Glastonbury Festival. Die Lust vergehe ihr aber bei, wenn sie jedes Mal an diese Visaanträge denken muss. Coco Em aus Nairobi ist eigentlich eine gerne gebuchte Künstlerin, die mit ihrem Mix aus Amapiono, Gqom-Sounds aus Südafrika oder Afro-House für gute Laute auf der Tanzfläche sorgt. Aber sie sagt, dass diese Visaanträge für Großbritannien oder die EU seien immer so kompliziert und teuer, dass sie das Gefühl habe, das Tournee-Geschäft aufgeben zu wollen.

So habe sie zum Beispiel einen Auftritt in Polen verpasst, weil sie keinen Termin für ein Schengen-Visum bekommen hat. Vergangenes Wochenende habe sie ihren Gig beim Sonar Festival in Barcelona verspätet beginnen müssen, weil sie in letzter Minute ein EU-Visum bekommen habe. Vor zwei Jahren konnte sie nicht im legendären Londoner Club Fabric spielen, weil sie ihren Pass nicht rechtzeitig von der britischen Botschaft in Nairobi zurückbekommen hat.

Darüber sind nicht nur die Künstler:innen sauer, sondern auch die Clubbetreiber oder Konzertveranstalter. Der Direktor von Celtic Connections, einem schottischen Musikfestival, berichtet, dass es immer schwieriger werde, Musiker aus aller Welt zu überzeugen, nach Großbritannien zu kommen. Letztes Jahr war das Trio Da Kali, eine Gruppe von Griot-Musikern aus Mali, eingeladen mit gälischen Sängern in Schottland aufzutreten. Obwohl sie Hilfe bei der Antragstellung bekommen haben, haben nur zwei Mitglieder des Trios ein Visum bekommen.

Das Bizarre ist, die Staaten kassieren auch noch Geld, auch wenn sie kein Visum erteilen. Analysen der Kunst- und Migrationsforschungsgruppe Lago Collective zeigen, dass Großbritannien im vergangenen Jahr 52 Millionen Euro und die EU 130 Millionen Euro an Gebühren für abgelehnte Visaanträge eingenommen hat. Vor allem Antragssteller aus Afrika waren betroffen, um die 70 Prozent wurden abgelehnt.

Doch auch Künstler:innen aus dem asiatischen Raum haben immer mehr Probleme. Im März hat das britische Innenministerium Mitgliedern des afghanischen Jugendorchesters verweigert, ein Visum zu erteilen. Sie leben seit der Machtübernahme der Taliban in Portugal. Aber wenige Tage bevor ihre Englandtournee beginnen sollte, wurde das Visum abgelehnt. Dann gab es ein Aufschrei in der Öffentlichkeit und die rund 50 Mitglieder des Orchesters haben es doch bekommen. Das gilt übrigens auch für andere Kunstbereiche -zum Beispiel die Filmbranche. Bei der Berlinale haben es Schauspieler aus dem Iran nicht zum Festival geschafft, weil sie nicht rechtzeitig ihr Visum bekommen haben.