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Plakat von Toomaj Salehi, bei einer Versammlung auf der Place de la Bastille für die Freilassung des iranischen Rappers, der im Iran inhaftiert ist.

Global Pop News 03.06.2024

TOOMAJ Act: Gesetzentwurf in den USA gegen iranische Justiz

Stand: 03.06.2024, 18:34 Uhr

"Toomaj" ist bewusst als Akronym gewählt worden | Gigi D'Agestino gegen Missbrauch seines Songs sowie Verbote | Rider Shafique und Vanley Burke mit Ausstellung über UK und Sklaverei | Ukrainisches Festival ATLAS UNITED zurück | Unsere News aus der Welt des Global Pop

Von Kai Brands & Joyce Lee

Toomaj ist der wohl bekannteste regimekritische iranische Rapper. Aktuell sitzt er wieder im Gefängnis. Ende April sorgte die Nachricht vom Todesurteil gegen ihn für eine erneute internationale Welle des Entsetzens und der Solidarität mit ihm. Mit dem nach ihm benannten "TOOMAJ Act" gibt es in den USA aktuell einen weiteren neuen Gesetzentwurf zum Umgang mit Iran. Eine Gruppe von Kongressabgeordneten der Demokratischen und der Republikanischen Partei hat den Entwurf vorgestellt. "Toomaj" ist hier wie oft in den USA bewusst als Akronym gewählt worden, also als eine Abkürzung mit den Anfangsbuchstaben der Langversion "Targeting Oppressive Officers to Mitigate Abuse in the Iranian Judiciary." Übersetzt: "Unterdrückerische Beamte ins Visier nehmen, um Missbrauch in der iranischen Justiz einzudämmen."

 Das iranische Justizsystem steht also klar im Fokus. Konkret geht es um alle weitreichenden Bereiche der iranischen Revolutionsgerichte wie z. B. Richter, Staatsanwälte und Ermittler. Urteile gegen politische Gefangene würden automatisch als Menschenrechtsverletzungen angesehen und gegen einzelne Beteiligte in der Justiz gäbe es dann bestimmte Sanktionen wie zum Beispiel Einreiseverbote oder Vermögen in den USA, das eingefroren wird. Grundsätzlich soll mit diesem Gesetzentwurf nochmal klargemacht werden: Systemische Ungerechtigkeit in Iran wird wahrgenommen und es drohen internationale Konsequenzen.

 Dass Rapper Toomaj Namenspate des Entwurfs ist, ist keineswegs Zufall. Eine der beteiligten Kongressabgeordneten Young Kim sagt dazu:

"Der TOOMAJ Act erlaubt es uns, an der Seite von Toomaj und anderen friedlichen Protestierenden zu stehen, während wir grundlegende Menschenrechte fordern und gezielt gegen das iranische Regime vorgehen.“ Young Kim

Die Bundestagsabgeordnete Ye-One Rhie ist politische Patin von Toomaj. Sie begrüßt die Initiative der Abgeordneten. Dass dieser Gesetzentwurf auch Toomajs Namen trägt, freut sie, "weil es einfach darauf hinweist, was für eine wichtige Rolle er einfach für eine wichtige Rolle für die Revolution im Iran spielt."Toomaj sei außerdem ein Symbol der Hoffnung und Stärke für viele Iraner*innen – auch für viele, die selbst im Gefängnis sind und denen höchst umstrittene Prozesse drohen.

"Noch tragischer ist natürlich, dass Toomaj selber jetzt gerade mit einem Todesurteil konfrontiert worden ist (...) Und deswegen finde ich es unglaublich schön, dass dieser Act, der eine sehr wichtige internationale Initiative darstellt, seinen Namen trägt, und ich hoffe einfach, dass das auch nochmal zusätzlichen Druck für seinen eigenen Prozessausübung geben wird" Ye-One Rhie

Wann das geplante US-Gesetz letztendlich in Kraft treten könnte, ist noch nicht klar.

Partygäste auf Sylt skandieren rassistische Slogans

Gigi D’Agestino gegen Missbrauch seines Songs sowie Verbote

Rassistische Parolen zum Party-Hit "L'Amour Toujours" des italienischen DJs Gigi D'Agostino gibt es seit Monaten und gab es zuletzt auch am vergangenen Wochenende u. a. im Münsterland, wie die Polizei Münster mitgeteilt hat. Der Staatsschutz ermittele nun. Auf Sylt wurde am Sonntag gegen Rechts demonstriert – als Reaktion auf das berüchtigte Video von dort, das Ende Mai die Runde machte und deutschlandweit für Empörung sorgte. Gigi D'Agostino, dessen Song für die Parolen benutzt wird, hat sich mittlerweile auch etwas ausführlicher zum Thema geäußert. In einem Interview mit der Schweizer Tageszeitung Neue Züricher Zeitung (NZZ) spricht er darüber. Seit einigen Jahren lebt Gigi D'Agostino in Lugano in der Schweiz.

In dem kurzen Interview vom Freitag stellt er erneut klar, dass es in seinem Song ausschließlich um Liebe gehe. Es gehe um die "einigende Kraft der Liebe, um Zusammengehörigkeit", heißt es. Er sagt:

"Und dann singen das die Leute, die die Gesellschaft spalten wollen. Der totale Widerspruch! Mein Lied hat doch nichts mit Rassismus zu tun. Es ist eine Hymne an die Liebe." Gigi D'Agestino

Er beschreibt, dass er sich "ohnmächtig" fühle. Wenn jemand etwas Hässliches zu seinem Lied singen wolle, könne er das nicht verhindern.

Bei mehreren öffentlichen Events in Deutschland wird der Song vorab verboten, zum Beispiel bei Volksfesten wie dem Oktoberfest oder den Cannstatter Wasen. Auch der europäische Fußballverband UEFA hat dem österreichischen Fußballbund (ÖFB) verboten, das Lied in ihre Playlist für die anstehende Europameisterschaft der Männer zu tun. In einer Mitteilung des ÖFB hieß es:

"Der ÖFB steht ganz klar für Toleranz, Vielfalt und Integration und engagiert sich für ein wertschätzendes Miteinander in allen Bereichen der Gesellschaft. Nach den jüngsten Vorfällen um die missbräuchliche Verwendung wird der Song bei ÖFB-Länderspielen nicht gespielt." ÖFB

Der Song wird sonst nach Siegen des österreichischen Teams gespielt.

Rapper Rider Shafique und Fotograf Vanley Burke mit Ausstellung über UK und Sklaverei

Das älteste Schriftstück mit Musik von Barbados soll demnächst in einem neuen Kontext ausgestellt werden und eine gemeinsame Geschichte aufarbeiten. Die Geschichte des Karibik-Staats ist eine Geschichte, die lange Zeit von Kolonialisierung und Sklaverei geprägt war. Das Schriftstück ist Zeuge dieser Zeit. Es soll aus der Zeit ab Mitte des 17. Jahrhunderts stammen, in der etliche Menschen über Jahre unter der Sklaverei und der britischen Kolonialherrschaft litten und starben. Hunderttausende Menschen wurden vom afrikanischen Kontinent verschleppt und versklavt, um anschließend auf Plantagen ausgebeutet zu werden. Gesänge bei der brutalen Arbeit wurden von einem britischen Gründer der Antisklavenbewegung transkribiert, wie es in den Unterlagen der UNESCO steht. Seit 2017 gehört das historische Stück Papier auch zum Weltdokumentenerbe der UNESCO.

Bald soll es eine neue Ausstellung geben, die dieses und andere (Kunst-)Objekte in einen neuen Kontext rücken soll. Knapp 30 000 Pfund Fördermittel gab es nun vom Arts Council England für die Umsetzung. Die neue Ausstellung soll Teil eines neuen Projekts vom jamaikanisch-britischen Fotografen Vanley Burke zusammen mit dem britischen Rapper Rider Shafique, der Wurzeln in Barbados hat, sein. "Beating Back The Past“ heißt das Projekt, das die Verbindung des Vereinigten Königreichs mit Sklaverei sowie der dazugehörigen Sklavenlieder und Kunst erkunden möchte, wie es in der Event-Ankündigung heißt. Vanley Burke betont gegenüber der BBC die Wichtigkeit der Aufarbeitung.

"Dieses Trauma hallt in der Community noch immer nach. Es ist ein sehr großes Thema" Vanley Burke

Aufgrund der Geschichte und durch die Anwerbung von Menschen der sogenannten "Windrush"-Generation, benannt nach dem Schiff, das wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg die ersten Menschen aus karibischen Ländern ins UK brachte, gibt es eine größere karibische Community im UK. Zunächst soll das neue Projekt im September in der Stadt Gloucester im Südwesten Englands zu sehen sein.

 

Ukrainisches Festival ATLAS UNITED zurück

Ukraines größtes Musikfestival findet zum ersten Mal seit dem Angriffskrieg Russlands wieder statt. Früher hieß es ATLAS. Dieses Jahr heißt es ATLAS UNITED. Über 70 ukrainische Artists sollen vom 12. bis 14. Juli 2024 dabei sein. Für Viele sei es der erste Auftritt seit dem Angriffskrieg. Internationale Acts wurden noch nicht bekannt gegeben. In der Vergangenheit traten dort unter anderem Liam Gallagher, The Prodigy und The Chemical Brothers auf.

Falls eine Luftsirene einen russischen Angriff auf das Festivalgelände ankündigt, sollen alle Besucher und Besucherinnen in einer Tiefgarage Schutz finden können. 15 Prozent von jedem verkauften Ticket sollen den ukrainischen Streitkräften zugutekommen. Mit dem Geld sollen Boden- und Luftdrohnen gekauft werden. Das Festivalteam engagiert sich schon seit dem russischen Angriffskrieg bei Music Saves Ukraine – einer gemeinnützigen Initiative für Spendenaktionen. Die wurde von dem Verband für Music-Events ins Leben gerufen. Sie bemüht sich, dass humanitäre Hilfe sofort bei den Bedürftigen ankommt, und sie klären über die Musikpropaganda aus Russland auf.

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