Gaye Su Akyol

Schwebend zwischen Orient und Westen

Gaye Su Akyol

Stand: 10.03.2021, 15:08 Uhr

Auch in Zeiten von Erdoğan lebt der türkische Underground. Mit psychedelisch angehauchtem Sound zaubert die Dame von der Schwarzmeerküste eine Welt zwischen Rebellentum und Fantasie, zwischen Arabeske und Anatolien-Rock.

Die künstlerische Ader liegt in der Familie: Gaye Su Akyol ist die Tochter des bekannten Malers Muzaffer Akyol. Auch sie selbst ist zunächst dem Visuellen verbunden, dann schwenkt die Sozioanthropologie-Studentin in die Musik um. Richtig vorwärts geht es, als sie auf die Kreativköpfe der Band Bubituzak trifft, mit denen sie 2013 ihr Debüt "Develerle Yaşıyorum" einspielt. Dass Akyol in ihren Songs einen fantastischen Mix zwischen Orient und Westen erzeugt, rührt bis in ihre Kindheit und Jugend zurück.

Damals hörte sie den alten türkischen Liedern aus der Plattenkiste ihrer Mutter zu, etwa von Zeki Müren, sie begeisterte sich aber genauso für Nirvana und den anatolischen Rock der 1960er und 70er von Sängerinnen wie Selda Bağcan. Auf ihrem Album „Hologram Ĭmparatorluğu”, mit dem sie ein Hologramm-Reich imaginiert, läuft dann alles zusammen: Ein Streichorchester klingt nach wild gewordenem Bienenschwarm, dazu knattert eine heftige Surfgitarre. Wehmütige Trompeten, Analog-Synthesizer flatternde Oud und schaurige Männerchöre sind weitere Zutaten für diesen klingenden Film Noir aus dem Orient. Und mit ihrer Stimme zieht Akyol die Hörer wie ein schweres Duftwasser in ihren Bann, in Texten, deren Inspirationen vom türkischen Schriftsteller Melih Cevdet Anday bis zum englischen Dichter William Blake reichen. Den Nachfolger „İstikrarlı Hayal Hakikattir“ bezeichnet sie als „Traum purer Freiheit in einem Land, das zunehmend zu einem konservativen Gefängnis wird“, und ihr Psychedelic-Rock gräbt sich jetzt deutlich weiter in die dunklen Gefilde von Wave vor.

Diskografie:

  • İstikrarlı Hayal Hakikattir (2018, Glitterbeat)
  • Hologram Ĭmparatorluğu (2016, Glitterbeat)
  • Develerle Yaşıyorum (2014, Olmadı Kaçarız)