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Jörg Widmann - Con brio

WDR Sinfonieorchester Video 14.06.2021 11:56 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Jörg Widmann - Con brio

Von Marcus Imbsweiler

Der Klarinettist und Komponist Jörg Widmann

Jörg Widmann

"Tradition und Innovation zu verbinden" hat Jörg Widmann einmal als sein zentrales künstlerisches Anliegen bezeichnet. Beispiele hierfür finden sich in seinem OEuvre zuhauf, und ein besonders typisches ist die Konzertouvertüre für Orchester "Con brio" aus dem Jahr 2008. Sie nimmt kompositorisch Bezug auf die Sinfonien Nr. 7 und 8 von Ludwig van Beethoven, die beide einen Allegro-con-brio-Satz enthalten. Bei ihrer Uraufführung durch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks wurde sie auch zwischen diesen beiden Werken gespielt.

Das Vorbild Beethoven schimmert an vielen Stellen der Ouvertüre durch: Mal wird direkt zitiert (zum Beispiel stammen die beiden Akkordschläge zu Beginn aus dem Finale der Achten), anderes klingt ähnlich oder angeeignet. Häufig isoliert Widmann einzelne Elemente der Sinfonien, um sie seinen Klangvorstellungen zu unterwerfen und so zu verfremden: der markante Triolenimpuls aus dem 1. Satz der Siebten, Trompetenglanz und Jagdhornklang, Tonleitern und nackte Akkorde. Zu den auffälligsten Verfremdungsmethoden gehören Atemgeräusche in den Bläsern, Streicher-Glissandi und das Spiel am Steg sowie ein ausgeklügeltes Repertoire an Schlagarten der Pauke – auf weitere Perkussionsinstrumente verzichtet Widmann, um nicht von der klassischen Besetzung abzuweichen. 2013 hat er "Con brio" zudem für eine reduzierte Besetzung bearbeitet.

Jörg Widmann über Beethoven und sein "Con brio"

WDR Sinfonieorchester Video 12.07.2021 05:16 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

All dies steht im Dienst einer Motorik, wie sie Beethoven, vor allem in den Ecksätzen der Sinfonien Nr. 7 und 8, auf die Spitze getrieben hat: "Furor und rhythmisches Drängen" nennt Widmann als Ziel seiner Darstellung. Dass da im Extremfall Ton und Klang auf der Strecke bleiben und durch Mundgeräusche ersetzt werden (Schmatzen, Pusten, Anlauten), ist Absicht. Ebenso das ständige Aus-dem-Gleis-Geraten, das Stolpern, die Abkehr vom einmal gefundenen Bewegungsmuster. Denn gerade dieses "Aushebeln von Schwerpunkten" durch eine Vielzahl von Betonungen gegen den Strich geht laut Widmann auf den Sinfoniker Beethoven zurück. Auch hier also: Tradition und Innovation zur Synthese gebracht.