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Jörg Widmann über sein Werk "Armonica"

WDR Sinfonieorchester Video 13.12.2021 03:35 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Jörg Widmann - Armonica für Orchester

Von Michael Struck-Schloen

Es wundert nicht, dass Jörg Widmann immer wieder Mozarts Werke aufs Programm setzt. Denn letztlich ist der gebürtige Münchner die moderne Verkörperung eines klassischen Musikers, der nicht nur, wie Mozart, in schwindelerregender Produktivität Werk auf Werk komponiert, sondern auch als Virtuose (in Widmanns Fall auf der Klarinette) und in letzter Zeit als Dirigent auftritt. In jedem Fach hat es Widmann zu einer Perfektion gebracht, die für seine enorme Kreativität und Begeisterungsfähigkeit spricht.

Jörg Widmann - Armonica

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Von seinen Lehrern – darunter Hans Werner Henze, Wolfgang Rihm und Heiner Goebbels – hat Widmann theatralisches Gespür, die Neugier an unerhörten Klangfarben, aber auch den kreativen Umgang mit der Tradition geerbt. Alles kommt zusammen in seinem 15-minütigen Orchesterstück "Armonica", das 2007 von Pierre Boulez und den Wiener Philharmonikern uraufgeführt wurde. Dabei greift Widmann ein verlorenes Instrument auf, für das sich Mozart in seinem letzten Lebensjahr begeistert hatte: die Glasharmonika. Der Bostoner Naturwissenschaftler und Politiker Benjamin Franklin hatte aus gestimmten Trinkgläsern, die mit feuchten Fingern zum Klingen gebracht werden, ein richtiges "Instrument" entwickelt, bei dem mehrere Glasschalen unterschiedlicher Größe auf einer horizontalen Achse angebracht sind, angetrieben mit einem Fußpedal. Der geheimnisvoll schwebende, silbrige Klang der Gläser faszinierte im Zeitalter der Empfindsamkeit.

Auch in Jörg Widmanns "Armonica" kann man Christa Schönfeldinger bei der Arbeit an Franklins "musical glasses" zuschauen. Dabei hat ihr Widmann klangliche Partner:innen an die Seite gestellt: etwa ein Akkordeon und eine "Harmonika-Gruppe" aus Klavier, Celesta, Harfe, Glockenspiel und Crotales (antiken Zimbeln). Das "zarte Anschwellen aus dem Nichts, das den Klang der Glasharmonika ausmacht", wird, wie der Komponist schreibt, auf das Orchester übertragen: "Alle Strukturen kommen aus dem Nichts, schwellen an und gehen wieder zurück". Diesen Prozess der ständigen Anspannung und Verdichtung hat Widmann mit einer berückenden Klangpoesie realisiert, die das Orchester zur Riesenharmonika macht.

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