Zeitgenössischer Stich von Jan Václav Voříšek
Jan Václav Voříšek stammte aus dem Nordosten Böhmens, aus der Kleinstadt Wamberg, heute Vamberk. Hier gab es Manufakturen für erlesene Spitze, aber wenig Aussichten für ein musikalisches Wunderkind, das bereits die Organisten der Region vertrat. Doch eine adelige Gönnerin ebnet dem jungen Talent über ein Stipendium für das Prager Jesuiten-Gymnasium den Weg nach Wien. Neben der Musikausbildung studiert Voříšek Jura in Prag und Wien. 1823 tritt er die Position des stellvertretenden Hoforganisten in Wien an. Bald darauf wird er Hoforganist, ein Amt, das er indes nicht lange ausfüllen kann, weil er 1825 jung an Tuberkulose stirbt. In Wien pflegt Voříšek auch Kontakt zu seinem großen Vorbild Beethoven und tritt schon 1819 als Orchesterleiter der Gesellschaft der Musikfreunde in Erscheinung. Für diesen Rahmen entsteht seine einzige Sinfonie, D-Dur op. 23, uraufgeführt 1823 als Auftragswerk der Gesellschaft.
Die Hofburg in Wien
Die Sinfonie ist in ihrem dynamischen Impetus, ihrer rhythmischen Prägnanz und in ihrer harmonischen Sprache vom frühen Beethoven beeinflusst, der allerdings zu jener Zeit bereits an seiner Neunten arbeitet. Der erste Satz von Voříšeks Sinfonie beginnt in medias res mit dem zupackenden Hauptthema. In dieser klaren Gliederung und Prägnanz geht es weiter. Der zweite Satz Andante ist von einer melancholischen Kantilene der Celli bestimmt. Diese wird im Mittelteil von düster aufsteigenden Streicherbewegungen bedroht, geht jedoch unbeschädigt aus dem Konflikt hervor. Der leichtfüßige Scherzo-Satz wartet mit rhythmischen Impulsen und ausgewogenen Orchesterfarben auf, die vielfältige Kontraste ergeben. Der Schlusssatz gerät nach zögerndem Einstieg zum jubilierenden Finale mit differenzierten Schattierungen. Nobles Ebenmaß, tänzerische Leichtigkeit und eine Konzentration der Mittel prägen diese Sinfonie. Voříšek führt damit konsequent einige Errungenschaften der Wiener Klassik weiter. Auf Experimente in Richtung Frühromantik verzichtet er.