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Josef Suk

Werkeinführung: Josef Suk - Fantasie für Violine und Orchester op. 24

Von Otto Hagedorn

So wie Tschaikowsky sich interpretatorischen Glanz von Leopold Auer erhofft hatte, spekulierte auch Josef Suk darauf, dass seine Fantasie für Violine und Orchester von einem berühmten Geiger uraufgeführt würde – nämlich von František Ondříček, der 1883 das Violinkonzert von Antonín Dvořáks aus der Taufe gehoben hatte. Ondříček zeigte sich tatsächlich interessiert an der Komposition, doch auch Suks Hoffnungen wurden enttäuscht. Solist bei der Uraufführung der Fantasie am 9. Januar 1904 war schließlich Karel Hoffmann, ein enger Vertrauter des Komponisten. Hoffmann war Primgeiger des "Böhmischen Streichquartetts ", das 1891 gegründet worden war und in dem Suk die zweite Geige spielte. Immerhin: Ondříček nahm Suks Fantasie vier Jahre nach der Uraufführung doch noch in sein Repertoire auf.

Für Suk hatte Dvořák große Bedeutung – musikalisch wie persönlich. So startete er als Komponist ganz im Stile des tschechischen Meisters, bei dem er auch studiert hatte. Zu hören ist das etwa in Suks Serenade op. 6, bis heute fester Bestand des Streichorchester-Repertoires. Suks Verbindung zu Dvořák ging spätestens 1898 weit über die Musik hinaus, als er dessen Tochter Otilie heiratete. Der Tod seines Schwiegervaters im Jahr 1904 war ein tiefer Einschnitt für Suk. Er begann ein Requiem für Dvořák zu schreiben – in Form einer Sinfonie, für die er den Titel "Asrael" wählte, nach dem Todesengel im islamischen Glauben. Mitten in der Arbeit an diesem Werk starb unerwartet auch Otilie. Im Gedenken an seine Frau erweiterte Suk die Formanlage der "Asrael"-Sinfonie auf fünf Sätze. Seinen Stil hat der Verlust seiner beiden Wesensverwandten deutlich geschärft.

Die Fantasie op. 26 ist ein Werk des Übergangs zu jener reifen Tonsprache: Sie zeigt Suk auf dem Weg von der tschechischen Nationalromantik hin zur europäischen Moderne. Formal steht sie in der Tradition der Konzertfantasie seit Beethoven. Anders als bei einem Solokonzert sind die musikalischen Themen und Formabschnitte hier freier gestaltet. Einzelne Passagen wirken fast wie improvisiert. Der Solopart ist äußerst souverän ausgearbeitet. Ganz eindeutig war hier ein hervorragender Geiger am Werk.