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Robert Schumann

Werkeinführung: Robert Schumann - Violinkonzert d-Moll

Von Otto Hagedorn

Im Sommer 1853 tritt der 22-jährige Geiger Joseph Joachim erstmals beim Niederrheinischen Musikfest auf und spielt zur Begeisterung des Publikums das Violinkonzert von Beethoven. Es ist der Städtische Musikdirektor von Düsseldorf, der Joachims Auftritt ermöglicht hat: Robert Schumann. In seinem Überschwang schreibt der Geiger am 2. Juni an Schumann: "Möchte doch Beethoven’s Beispiel Sie anregen, […] aus Ihrem tiefen Schacht ein Werk an’s Licht zu ziehen, wunderbarer Hüter reichster Schätze!" Auf den Tag genau zwei Monate später setzt sich Schumann an den Schreibtisch und bringt zunächst seine Phantasie für Violine und Orchester op. 131 zu Papier. Joachims Spiel hat den Komponisten aber so nachhaltig beeindruckt, dass er wenige Tage später mit einem weiteren Solowerk für ihn beginnt, seinem Violinkonzert d-Moll. In nur zwei Wochen ist es vollendet. Am 13. Oktober berichtet Schumann dem Geiger: "Oft waren Sie, als ich schrieb, meiner Phantasie gegenwärtig". Anfangs zeigt Joachim sich begeistert; die Uraufführung plant man bereits für den 26. Oktober. Damit aber ist das Düsseldorfer Konzertkomitee nicht einverstanden. Es wünscht sich stattdessen erneut das Beethoven-Konzert. Als Dreingabe genehmigt man Schumanns Phantasie op. 131.

Nur vier Monate später bricht sich Schumanns psychische Erkrankung jäh Bahn. Mit einem Sprung in den Rhein versucht er, sich das Leben zu nehmen. Nachdem er in die Nervenheilanstalt Endenich eingeliefert ist, liegt das Schicksal des Violinkonzerts in den Händen seiner Frau Clara und Joseph Joachims. Beide kommen zum Schluss, das Werk wegen angeblicher "Makel" unter Verschluss zu halten. Über 80 Jahre bleibt das Konzert daher unaufgeführt – bis es 1937 im Rahmen einer nationalsozialistischen Propaganda-Veranstaltung der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Nach dem Krieg dauert es dann noch einige Jahrzehnte, bis sich Schumanns Violinkonzert nach und nach im Repertoire etablieren kann.