Robert Schumann
Ein Bildnis zeigt Robert Schumann mit abgesenktem, auf eine Hand gestütztem Kopf, während der Blick ins Ungewisse schweift ... Dieses Porträt eines Romantikers ist Teil des kollektiven Gedächtnisses geworden. Schumann war eine Doppelbegabung: zugleich Literat und Musiker. Als Redakteur seiner "Neuen Zeitschrift für Musik" bekämpfte er hohles Virtuosentum und gefälliges Komponieren. Im ästhetischen Richtungsstreit seiner Zeit um die Fortentwicklung der Sinfonie stellte er sich auf die Seite derjenigen, die das klassische Erbe weiterführen wollten. Dies bedeutete, am unangefochtenen Qualitätsmaßstab der Sinfonien Beethovens anzuknüpfen – ein hohes und schwer einzulösendes Ideal.
Schumann näherte sich der Sinfonie Schritt für Schritt über das Schreiben von Liedern, Klavier- und Kammermusik. Mit der 1839 wiederentdeckten Großen C-Dur-Sinfonie von Franz Schubert, die für ihn eine "ganz neue Welt" bedeutete, kam ein unerwarteter Impuls hinzu. 1841 entstanden so gleich zwei Sinfonien: die Nr. 1 ("Frühlingssinfonie") und die später als vierte gezählte Sinfonie in d-Moll. Ins Ehetagebuch notierte Clara Schumann: "es ist dies wieder ein Werk aus tiefster Seele geschaffen", und weiter: die Sinfonie werde "aus einem Satze bestehen, jedoch Adagio und Finale enthalten".
Robert Schumann verfolgte in seiner 4. Sinfonie also die originelle Formidee von der "Sinfonie in einem Satz" – äußerlich verwirklicht durch Wegfall der Pausen, so dass sich die vier Sätze zum sinfonischen Fluss vereinen. Damit löste er sich zwar vom überkommenen Sinfoniemodell, behielt jedoch die traditionellen Satzcharaktere bei. Ausgehend von seiner ästhetischen Idee hoher musikalischer Geschlossenheit überzog er das gesamte Werk mit einem Netz enger motivischer und melodischer Wechselbeziehungen. Im vorwärtstreibenden Gestus und jubelnd-optimistischen Ausklang stellt sich die d-Moll- Sinfonie in die Beethoven-Tradition. Ihre zeitvergessenen Momente sind Schumanns poetischem Blick auf das sinfonische Genre zu verdanken und machen sie zu einem unverwechselbaren Musikstück der Romantik.