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Franz Schubert - Sinfonie Nr. 5 B-Dur D 485

WDR Sinfonieorchester Video 19.06.2020 30:34 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Franz Schubert - Sinfonie Nr. 5 B-Dur D 485

Von Tilla Clüsserath

Vor seinen berühmtesten Sinfonien, der "Unvollendeten" und der Großen in C-Dur, schrieb Franz Schubert zwischen 1813 und 1818 sechs sogenannte "Jugendsinfonien". Sie sind im Gegensatz zu den späten Werken aus den 1820er-Jahren keine sinfonischen "Schmerzenskinder" (das heißt aus der Auseinandersetzung mit Beethoven hervorgegangen), sondern zeigen den angehenden Komponisten in Experimentierlaune. Schubert besuchte ab 1808 das "k & k Stadtkonvikt", eine Schule mit exzellenter musikalischer Ausbildung, die über ein eigenes Laienorchester verfügte. Hier strich Schubert die Bratsche und lernte er die Musik verschiedener Epochen kennen. Schon in seinem musikalischen Elternhaus hatte er Bekanntschaft mit Werken der Wiener Klassiker geschlossen. Seine Mozart- und Haydn-Studien führte er bei Antonio Salieri fort, einer einflussreichen Persönlichkeit und u. a. Lehrer von Beethoven. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass auch Schuberts frühe sinfonische Gehversuche bei der Musik vor Beethoven ansetzten. Von Mozart schwärmte er besonders, wie sein Tagebuch im Juni 1816 verrät: "O Mozart, unsterblicher Mozart, wie viele o unendlich viele solche wohlthätige Abdrücke eines lichtern bessern Lebens hast du in unsere Seelen geprägt."

Nur wenige Wochen nach diesem Eintrag schrieb der neunzehnjährige Schubert seine fünfte Sinfonie. Dem Werk wird seit jeher eine große Nähe zu Mozart attestiert. Bei Schuberts Freund und Förderer Joseph von Spaun ist zu lesen: "Vor allem machten die herrlichen Sinfonien aus g-Moll von Mozart und D von Beethoven jedesmal den tiefsten Eindruck auf den jungen Schubert, und noch kurz vor seinem Tode sprach er davon, wie sehr diese Meisterstücke sein jugendliches Gemüt ergriffen und gerührt haben."

"Melancholische Freude"

In der Tat ist eine Verwandtschaft von Schuberts Fünfter zu Mozarts Sinfonie g-Moll KV 550 nicht zu übersehen, z. B. in der Orchesterbesetzung, der Formung der Satzcharaktere und auch in thematischen Ähnlichkeiten (Menuett). Dies aber nur als "schwachen Abguss" von Mozart abzutun, wie es der Musikkritiker Eduard Hanslick leichthin tat, greift gewiss zu kurz. Wohl baut Schubert wie die Wiener Klassiker vor ihm aus Dreiklängen seine Hauptthemen (so etwa im Kopfsatz, Menuett und Finale). Doch dann probiert er Neues aus: Themen werden weiter fortgesponnen und bei erneutem Erklingen anders harmonisch beleuchtet; es tauchen spielerisch-flüchtige Momente und erste Ansätze zur romantischen Entgrenzung in Melodien und Klangräumen auf. Da ist Schubert schon auf dem Weg zu seinem ganz eigenen Tonfall, den die Musikautorin Renate Ulm in der Fünften zutreffend mit dem Attribut der "melancholischen Freude" versehen hat.

Schuberts 5. Sinfonie erlebte ihre erste Uraufführung vermutlich im Herbst 1816 in privatem Rahmen. Erst 25 Jahre später erklang sie das erste Mal öffentlich in Wien.