Am 28. Januar 1936 erschien in der "Prawda" ein vernichtender Artikel über eine Aufführung von Schostakowitschs Oper "Lady Macbeth von Mzensk", die bis dato überall erfolgreich gespielt worden war. Stalin hatte offenbar am Abend zuvor eine Vorstellung besucht und den Text lanciert.
Der Komponist Dmitri Schostakowitsch
Unmittelbar danach kamen weitere Werke Schostakowitschs auf den Index, er selbst fürchtete in Zeiten der Säuberung von nun an um sein Leben. Mit der 5. Sinfonie, die er selbst als seine "kompositorische Antwort" auf die Anfeindungen bezeichnete, gelang dem Komponisten ein neuer Anfang. Er wurde zum Kompositionsprofessor ernannt und konnte sich rehabilitieren. Doch das gefährdete Auf und Ab seiner gesellschaftlichen Stellung blieb bis zu seinem Lebensende bestehen. Glaubt man Julian Barnes in seinem Buch "Der Lärm der Zeit", wartete Dmitrij Schostakowitsch Nacht für Nacht im Treppenhaus mit gepacktem Koffer auf die Schergen der NKWD, der russischen Geheimpolizei … Es hieß also, mit jedem neuen Werk vorsichtig zu agieren, um weitere gefährliche Formalismus-Debatten mit der Partei- und Staatsführung zu vermeiden.
Nach 1936 komponierte Schostakowitsch neben der 5. Sinfonie vorwiegend Filmmusik. Die 1939 entstandene 6. Sinfonie zog er zurück. Ein Jahr später erreichte ihn die Bitte des Beethoven-Quartetts nach einem Werk zum gemeinsamen Musizieren. Schostakowitsch sagte zu und komponierte im Sommer 1940 das Klavierquintett op. 57, das am 23. November seine Uraufführung in Moskau erlebte – mit großem Erfolg. 1941 erhielt Schostakowitsch dafür den Stalinpreis 1. Klasse (immerhin 100.000 Rubel) und wurde mit dem Rotbannerorden geehrt. Seine öffentliche Reputation schien wiederhergestellt.
Dass der Komponist mit einem kraftvollen Werk, komponiert in neoklassizistischem Tonfall, reagierte, ist nach den Erfahrungen der 1930er-Jahre wohl verständlich. Es hebt an mit einem klangvollen, pathetischen Präludium, das in einen geruhsamen Tanz übergeht. Im Eröffnungssatz finden sich schon alle Elemente, die die Struktur des gesamten Klavierquintetts prägen: dramatische Rhetorik (oft vom Klavierpart ausgehend, wie bei der Eröffnung), klassische Rhythmen und Formen (Fuge, Scherzo) und innige Lyrik. Gemäß barocken Vorbild folgt auf das Präludium die Fuge, gedämpfte Streicher leiten diese sehr sanft ein. Umso eindrucksvoller ist die großartige Steigerung, die sich aus diesen vorsichtigen Anfängen entwickelt und schließlich zu einem schmerzvollen Höhepunkt geführt wird. Für Prokofjew war dieses Satzpaar aus Präludium und Fuge zu "bachisch". Es verblüfft aber doch, wieviel emotionalen Gehalt Schostakowitsch dem klassischen Kontrapunkt abzuringen vermag. Die Atmosphäre trübsinniger Resignation vertreibt das nachfolgende Scherzo im Nu, so übermütig kommt der Satz daher. Der Stimmung von Witz und Kraftmeierei darf man jedoch getrost misstrauen, grenzt sie doch hart an eine bitter-böse Karikatur: zu mechanistisch repetieren die Streichakkorde, zu roh wütet das perkussiv behandelte Klavier zuweilen. Die Kulturbonzen hörten hier nur zu gerne "stürmische Lebensfreude" heraus, aber was beabsichtigte der Komponist wirklich? Im gedankenvollen Intermezzo wird die ernste Stimmung wiederhergestellt und Luft geholt für das funkelnde Finale. Wenn auch nicht frei von bedrohlichen Momenten, ringt sich die Musik im Schlusssatz immer wieder zu Optimismus und Heiterkeit durch.