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Maurice Ravel, Portrait

Werkeinführung: Maurice Ravel - La Valse: Poème chorégraphique für Orchester

Von Otto Hagedorn

Eine Steigerung von Roussels Orchesterfuror scheint kaum denkbar. Maurice Ravel aber hat mit "La Valse" eine Apotheose des Wiener Walzers geschaffen, die im Wirbel alles mit sich reißt. Für die Ballets Russes hatte Ravel 1912 sein großes Ballett "Daphnis et Chloé" komponiert. Acht Jahre später stellte er "La Valse" an zwei Klavieren einem erlesenen Kreis vor, darunter der Impresario der Ballets Russes, Sergej Diaghilew. Er war alles andere als angetan und bemerkte trocken: "Es ist ein Meisterwerk, aber kein Ballett. Es ist das Gemälde eines Balletts." Ravel, zeitlebens eine empfindliche Natur, soll danach jede weitere Zusammenkunft mit Diaghilew vermieden haben. Und so vergingen weitere acht Jahre, bis Bronislava Nijinska, ein Star der Ballets Russes, "La Valse" als einaktiges Ballett für die Tänzerin Ida Rubinstein choreografierte. Die Idee zu seiner Komposition hat Ravel selbst umrissen: "Flüchtig lassen sich durch schwebende Nebelschleier hindurch walzertanzende Paare erkennen. Nach und nach lösen sich die Schleier auf: man erblickt einen riesigen Saal mit zahllosen im Kreise wirbelnden Menschen. Die Szene erhellt sich zunehmend; plötzlich erstrahlen die Kronleuchter in hellem Glanz. Eine kaiserliche Residenz um 1855." Was Ravel indes verschweigt, ist der Tumult, in den diese glänzende Szene mündet. Ja: eine Apotheose des Wiener Walzers – aber zugleich ein Abgesang auf die k.-u.-k.-Monarchie kurz nach dem Ersten Weltkrieg.