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Sergej Prokofjew

Werkeinführung: Sergej Prokofjew - Konzert Nr. 3 C-Dur für Klavier und Orchester op. 26

Von Torsten Möller

Sergej Prokofjew ist ein Streitfall: Igor Strawinsky sprach vom "Gegenteil eines musikalischen Denkers". Solch harschen Worten steht Positives gegenüber. Kein Geringerer als Dmitrij Schostakowitsch bewunderte die "gewaltige Begabung" eines "professionellen Komponisten, der das gesamte Arsenal der Mittel des musikalischen Ausdrucks in hervorragender Weise beherrscht".

In der Tat ist Prokofjew kein Komponist, den man einfach in eine Schublade stecken kann. Sicher, er dachte lebenslang tonal, kritisierte die "Exzesse der Moderne" und hangelte sich an traditionellen Formmodellen entlang. Andererseits gibt es diese ungeheure Kraft dank prägnanter Rhythmik und klanglicher Opulenz. Für Prokofjew spricht auch, dass er sich auf jedem Terrain gut bewegte. Seien es Ballette, Opern, Klaviersonaten, Sinfonien, Violin- oder Klavierkonzerte – überall erwies er sich als sicher, souverän und eigenständig. "Zwei Takte genügen, ihn wiederzuerkennen", schrieb der französische Musikwissenschaftler René Dumesnil. Ganz zu Recht.

Der besondere Personalstil blieb Prokofjews Musik immer eingeschrieben, trotz vieler Kurskorrekturen. Wegen der gefährlich-revolutionären Lage in Russland ging es 1918 erst mal gen Westen, nach Amerika.

Ein Schritt in Richtung des neuen Publikums

Der Oper "Die Liebe zu den drei Orangen" brachte das amerikanische Publikum nicht die ersehnte Sympathie entgegen. Prokofjew war nicht verzweifelt, aber desillusioniert. In seiner Autobiografie schrieb er: "Manchmal streifte ich durch den riesigen Park im Zentrum New Yorks und dachte, auf die umgebenden Wolkenkratzer blickend, mit kalter Wut an die herrlichen amerikanischen Orchester, die für meine Musik nichts übrig hatten; an die Kritiker, die immer nur das hundertmal gesagte 'Beethoven, welch genialer Musiker' wiederholten und alles Neue herunterrissen [...]. Ich war viel zu früh hingekommen: das Kind, nämlich Amerika, war für neue Musik nicht erwachsen genug."

Prokofjew war sich über so etwas wie einen "amerikanischen Geschmack" im Klaren – und mit seinem 3. Klavierkonzert in C-Dur ging er auf seine Hörer*innen zu. Ausgesprochen spritzig wirkt das 1917 bis 1921 entstandene Werk, im Tonfall heiterer Gelassenheit, bei alldem nicht aufdringlich populistisch. Immer wieder würzt Prokofjew das Klangbild mit perkussiven Tupfern und hält geschickt die Balance zwischen opulenten Orchesterballungen und filigranen kammermusikalischen Episoden. Während der erste Satz der klassischen Sonatenform folgt, besteht der zweite Satz aus kurzweiligen, vor allem vom Soloinstrument gestalteten Variationen. Mal stehen rasante Läufe im Vordergrund, mal schafft Prokofjew eine meditativ-innerliche Atmosphäre, mal kommen hämmernde Oktavparallelen. Im dritten Satz ist der Klavierpart wieder mehr in den Orchestersatz integriert. Inmitten des virtuos-dichten Geschehens kann die Solistin etwas verschnaufen. In diesem rätselhaften Abschnitt mit einigen Wiederholungen scheint die Zeit stillzustehen. Es ist die Ruhe vor dem abschließenden Sturm, mit dem das so vitale 3. Klavierkonzert endet.

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