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Nico Muhly - One Line, Two Shapes

WDR Sinfonieorchester Video 06.12.2021 06:41 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Nico Muhly - One Line, Two Shapes

Von Otto Hagedorn

Nico Muhly ist ein Grenzgänger zwischen den Genres und Stilen. 1981 im US-Bundesstaat Vermont geboren, studierte er bei John Corigliano und Christopher Rouse an der Juilliard School in New York. In dieser Zeit begann auch seine insgesamt achtjährige Mitarbeit beim Minimal-Music-Komponisten Philip Glass. Bekannt geworden ist Muhly durch Filmmusik, etwa durch seine Beteiligung am Soundtrack zu "Der Vorleser" im Jahr 2008. Mittlerweile ist er jedoch in allen Gattungen erfolgreich, ob Chor-, Orchester- oder Kammermusik, ob Ballett oder Oper.

Muhly integriert die unterschiedlichsten Stile und Stilebenen in seine Musik. Dazu bemerkte er in einem Interview: "Zugänglich gegen unzugänglich, das ist eine Frontstellung aus den Stilkriegen der Fünfziger. Sie hat sich in den Achtzigern aufgelöst, meinem Geburtsjahrzehnt. Ich schreibe die Musik, die ich gern höre und die am besten reflektiert, wer ich als Musiker und als Person bin." Musikinstitutionen und sein stetig wachsendes Publikum wissen das zu schätzen, wie an zahlreichen Auftragskompositionen abzulesen ist, etwa für die Metropolitan Opera oder das Chicago Symphony Orchestra. Nach der Uraufführung und CD-Produktion des Cellokonzerts "Three Continents", zu dem Muhly den ersten Satz komponierte, spielt das WDR Sinfonieorchester nun also im Rahmen von "Miniaturen der Zeit" die Uraufführung von "One Line, Two Shapes". Für diese Reihe hat WDR 3 bei zwölf Komponist:innen von Weltrang kleine Kompositionen in Auftrag gegeben, die gesellschaftspolitisch relevante Themen reflektieren und von denen in den kommenden Monaten noch viele zu erleben sein werden.

Thema von "One Line, Two Shapes" ist die Vereinzelung des Individuums in der Gesellschaft. Diese in Zeiten einer globalen Pandemie noch verschärfte Thematik setzt Muhly gut nachvollziehbar in Musik um: eine lange "einsamen" Linie geht von der Soloklarinette aus, umgeben von "unzugänglichen und schrecklichen Dingen in der Außenwelt, die sich allmählich beruhigen und sich der Linie anschließen, um sich zu einer Einheit zu konzentrieren". Ausgangspunkt ist "dieses Gefühl tiefer und verrückter Isolation, das wir in den letzten Monaten hatten und das sich allmählich zu einer einzigen Note zusammenfaltet". Das Werk, so Muhly, ist "einfach", "gleichzeitig verstörend und erhebend".