Wojciech Kilar? Der Name ist weithin unbekannt, doch viele haben seine Klänge schon gehört. Für Filme des polnischen Regisseurs Krzysztof Kieślowski schrieb sein Landsmann Kilar schon Musik, später auch für Hollywood-Kassenschlager wie Roman Polańskis "Der Pianist" oder "Bram Stoker’s Dracula" von Francis Ford Coppola.
Bevor Kilar seit den frühen 1970er Jahren als Filmkomponist in Erscheinung trat, hatte er schon einige Erfahrungen gesammelt. 1957 besuchte er die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik, wo sich die Avantgarde um Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez oder Luigi Nono regelmäßig traf. Kurz darauf nahm Kilar Unterricht in Paris bei der strengen Nadia Boulanger, die dem bereits ausgebildeten Pianisten solides kompositorisches Handwerk vermittelte.
Im Zentrum: Orchesterfarben und Dichte der Musik
Wojciech Kilars Stil ist nicht auf einen Nenner zu bringen. Er schrieb, beeinflusst durch Boulanger, eine Zeitlang im neoklassizistischen Stil à la Igor Strawinsky und widmete sich ähnlich wie Béla Bartók der Volksmusik. Danach setzte er sich mit der Zwölftontechnik auseinander, und bedingt durch seine tiefe Gläubigkeit gelangte er Mitte der 70er Jahre zur Minimal Music. Reduktion, Konzentration und eine meditative Versenkung prägt auch sein 1986 entstandenes "Orawa" für Streicher.
Kleine rhythmische Zellen pflanzen sich organisch fort, wandern durchs Orchester, das mal im Tutti spielt, mal ausdünnt zum Trio oder gar zum Solo. Dieses "Orawa" fordert andere Hörperspektiven als eine klassische Sinfonie. Hier geht es nicht um Themen-Entwicklung, sondern um Orchesterfarben und die Dichte der Musik. Assoziationen an einen musikalischen Fluss stellen sich nicht zufällig ein: "Orawa" ist der polnische Name eines Flusses in der Slowakei, der südlich der Grenze zu Polen durchs Tatra-Gebirge fließt.