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Jacques Ibert - Divertissement

WDR Sinfonieorchester Video 19.06.2020 16:38 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Jacques Ibert - Divertissement für Kammerorchester

Von Otto Hagedorn

Jacques Ibert

Jacques Ibert

Die Biografie von Jacques Ibert hält die ein oder andere Überraschung parat. Sein Studium finanzierte der Schüler von Gabriel Fauré als Klavierimprovisateur bei Stummfilmaufführungen. 1919 konnte Ibert den begehrten "Prix de Rome" für sich ergattern. Später war er in der italienischen Hauptstadt Direktor der französischen Akademie. Und in den 1950er Jahren wirkte er als Verwaltungsdirektor der beiden Pariser Opernhäuser. Auch die Werkliste von Ibert liest sich bunt und heterogen: Neben Opern und Orchesterstücken finden sich darauf eine Operette und über 50 Filmmusiken.

In eine gehobene Music Hall entführt uns Iberts "Divertissement" – eine typisch Pariser Komposition der 1920er Jahre: frech, frivol und "très française". Die sechs Sätze hat Ibert zusammengestellt aus einer 1928 komponierten Schauspiel- bzw. Filmmusik für das Stück "Un chapeau de paille d’Italie". Stilistisch steht sie in einer Linie mit einigen in Paris uraufgeführten Balletten, die ihre Vorläufer in Igor Strawinskys "Petruschka" von 1911 und Erik Saties "Parade" von 1917 haben: 1920 folgte Darius Milhauds "Le bœuf sur le toit", ein Jahr später "Les mariés de la Tour Eiffel", komponiert von fünf Mitgliedern der "Groupe des Six", 1924 Francis Poulencs "Les Biches" und 1927 Gabriel Piernés "Impressions de Music Hall".

Sein "Divertissement" hat Ibert für Kammerorchester gesetzt, mit einigen in ihrer Kombination mit den Streichern skurril wirkenden Instrumenten wie Klavier, Celesta, Holzblock, Tamburin oder Trillerpfeife. Nach der "Introduction", die wie eine Miniatur-Ouvertüre zu einer Komischen Oper wirkt, verballhornt Ibert in "Cortège" (Prozession) Felix Mendelssohn Bartholdys "Hochzeitsmarsch" aus "Ein Sommernachtstraum". Das "Nocturne" hält nicht seinen anfänglichen Ernst, und die "Valse" liebäugelt ebenso mit Spieldosenmusik wie mit dem weitschwingenden Johann-Strauß-Walzer "An der schönen blauen Donau". "Parade" verweist auf Satie, bevor das "Finale" erst mit Cluster-Akkorden im Klavier die Musikavantgarde auf die Schippe nimmt und dann wildes Treiben in der Zirkus-Manege heraufbeschwört.