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Antonín Dvořák - Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88

WDR Sinfonieorchester Video 15.02.2020 38:19 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Antonín Dvořák - Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88

Von Tilla Clüsserath

Als Antonín Dvořák 1890 und 1891 seine 8. Sinfonie präsentierte, schlug ihm gleichermaßen Jubel wie Enttäuschung entgegen. Eine begeisterte Anhängerschaft begrüßte das neue Werk, das mit seiner melodischen Fülle die engen Grenzen streng gebauter Sinfonien überflügelt. Brahms dagegen sah in ihr mehr "Fragmentarisches, Nebensächliches", keine "Hauptsachen".

Ein Richtungsstreit also? – Vielleicht. Zumindest steckte Dvořáks Entscheidung dahinter, sich vom Vorbild Brahms zu emanzipieren. Als er in den 1870er Jahren Johannes Brahms begegnete, galt dieser als anerkannte Autorität auf sinfonischem Gebiet. Dvořák orientierte sich zunächst an Beethoven, Brahms und Wagner. Ab der 5. Sinfonie entwickelte er eine eigenständige Musiksprache, die zunehmend volksliedhafte Elemente seiner böhmischen Heimat integrierte. Das Jahr 1889 war fruchtbar für ihn: "Melodien fliegen mir nur so zu", schrieb er an seinen Freund Alois Göbl. Nach eigener Aussage plante Dvořák, "ein von meinen anderen Sinfonien verschiedenes Werk" zu schreiben, "mit individuellen, in neuer Weise ausgearbeiteten Gedanken". Die 8. Sinfonie ist berühmt für ihren entspannten Optimismus: Heiterkeit und ungebrochene Lebensfreude künden von einer glücklichen Komponiersituation im Herbst 1889. Dvořák weilte erneut in seiner Sommerresidenz im böhmischen Dörfchen Vysoká.

Kurz und Klassik: Antonín Dvořák - Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88

WDR Sinfonieorchester Video 31.01.2020 06:28 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Musikalische Unbeschwertheit

Dort bestellte er den Garten, züchtete Tauben, unternahm lange Spaziergänge – und hatte ausreichend Muße zum Komponieren. Schon bei den ersten Aufführungen der 8. Sinfonie in Prag und London bemerkte die Kritik, es sei schlicht unmöglich, "nicht zu fühlen, dass die Musik versucht, sehr verständlich von Geschehnissen außerhalb ihrer selbst zu sprechen". Diese Phase des "musikalischen Poetisierens" in Dvořáks Schaffen (so Klaus Döge) war neu und ging einher mit einer Lockerung traditioneller Muster. So schimmert in der Achten die Sonatenhauptsatzform nur noch hie und da hindurch, im Finale vernetzt sie sich gar mit der Variation, rhapsodisch Aneinandergereihtes verdrängt sinfonische Verarbeitung.

Der erste Satz beginnt mit einer kurzen moll-getrübten Introduktion. Der Eintritt des klaren Allegro-Hauptthemas in Dur wird dadurch wirkungsvoll vorbereitet: Wie eine Vogelstimme steigt in der Flöte ein gebrochener Dreiklang in die Höhe. Vorstellbar, dass hier die böhmische Landschaft imaginiert wird. Ein erzählerischer Grundton, schlichte Melodik und eine aufgelockerte Klanglichkeit bestimmen auch das träumerische Adagio, in dem Dvořák in Anlehnung an das kurz zuvor komponierte Klavierstück "Auf der alten Burg" scheinbar das imposante Gemäuer vor dem inneren Auge aufscheinen lässt. Vor dem Finale fügt Dvořák ein Scherzo in Form eines stilisierten Walzers ein, der, zwischen schwingender Leichtfüßigkeit und verhaltener Schwermut pendelnd, in ähnlicher Form auch aus der Feder Peter Tschaikowskys stammen könnte. Festliche Fanfarenklänge leiten den Schlusssatz ein, der das von den Celli vorgetragene und in böhmischer Volksmusik wurzelnde Thema pointenreich variiert. Dvořák lässt auch hier keine akademische Strenge walten, sondern gestaltet ein vor Temperament schier berstendes Finale mit einem hinreißenden Schluss.