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Der Komponist Johannes Brahms

Werkeinführung: Johannes Brahms - Konzert Nr. 1 d-Moll für Klavier und Orchester op. 15

Von Melanie Unseld

Überaus steinig war der Weg, den Johannes Brahms mit seinem ersten Klavierkonzert ging: Zur komplexen und langwierigen Entstehungsgeschichte kamen Selbstzweifel und viel Kritik bei der Uraufführung des Werkes hinzu.

Diese Kritik traf Brahms zutiefst, stand der 25-Jährige doch noch am Beginn seiner Karriere als Komponist. Ein Schlüsselmoment in dieser schwierigen Phase seiner künstlerischen Entwicklung war für Brahms die Begegnung mit dem Ehepaar Schumann. In Robert Schumann fand er nicht nur ein kompositionsästhetisches Vorbild, sondern auch einen wichtigen Fürsprecher, in Clara Schumann ein pianistisches Ideal und eine anregende Gesprächspartnerin. Die Ereignisse freilich überschlugen sich in den 1850er Jahren: 1853 veröffentlichte Schumann den Artikel "Neue Bahnen", in dem er Brahms eine große Zukunft als Komponist prophezeite: "Am Clavier sitzend, fing er an wunderbare Regionen zu enthüllen. Wir wurden in immer zauberischere Kreise hineingezogen. Dazu kam ein ganz geniales Spiel, das aus dem Clavier ein Orchester von wehklagenden und lautjubelnden Stimmen machte. Es waren Sonaten, mehr verschleierte Symphonien". Damit war dem jungen Komponisten klar, dass von ihm Sinfonisches erwartet wurde. Entsprechend wollte Brahms seine ursprünglich für zwei Klaviere konzipierte d-Moll-Sonate umarbeiten. "Ich habe die drei ersten Sätze oft mit Frau Schumann gespielt. [...] Eigentlich genügen mir nicht einmal zwei Klaviere", schrieb Johannes Brahms an seinen Freund Joseph Joachim 1854. So kam es, dass die geplante Sonate sich zu etwas Sinfonischem auszuwachsen begann. Joachim meinte, im Beginn einen "1ten Sinfoniesatz" zu entdecken. Doch der Weg verlief anders, denn Brahms traute sich (noch) nicht zu, eine Sinfonie zu komponieren.

Zwei "wehklagende und lautjubelnde Stimmen"

Stattdessen, Robert Schumann war inzwischen gestorben, arbeitete Brahms den Torso zu einem Klavierkonzert um, das erst 1857 in seiner ersten Fassung fertiggestellt war und zwei Jahre später, 1859, unter der Leitung von Joachim und mit Brahms als Solisten erstmals aufgeführt wurde. Die Uraufführung war allerdings ein grandioser Misserfolg, die Presse sprach von einer "totale[n] Componisten-Niederlage" und davon, dass man wieder einmal "eine neue Composition zu Grabe getragen" habe. Man muss es – im historischen Rückblick – dem (anonymen) Kritiker freilich zugutehalten: Brahms’ Klavierkonzert hielt tatsächlich neue Hörherausforderungen bereit, und so ist in den deutlichen Worten der Ablehnung nicht zuletzt auch das zu lesen, was die Besonderheiten des Klavierkonzerts ausmacht. Schon der erste, fast überdimensioniert wirkende, jedenfalls formal auswuchernde Satz evoziert viele Klangfacetten; und während der zweite das Prinzip des Dialogischen zwischen Orchester und Klavier feiert, lässt das Rondo des dritten Satzes die Möglichkeiten der divergierenden wie aufeinander bezogenen Klangwelten von Orchester und Klavier wie in einem beständigen Wirbel umeinander kreisen. Das Klavier als Orchester und mit dem Orchester – zwei "wehklagende und lautjubelnde Stimmen".

Mehr zu Brahms' ersten Klavierkonzert:

Eine schwere Geburt - Brahms 1. Klavierkonzert d-Moll

WDR 3 Meisterstücke 23.10.2022 13:09 Min. Verfügbar bis 20.10.2032 WDR 3


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