Außerhalb ihrer Heimat ist sie weniger bekannt, in Polen dagegen eine Nationalheldin: Grażyna Bacewicz. Komponieren bedeutete für die 1909 in Łódź geborene Komponistin weniger Inspiration als vielmehr harte Arbeit. Zugute kam ihr dabei ihre schnelle Auffassungsgabe. "Ich habe nämlich einen kleinen, unsichtbaren Motor, dank dessen ich in zehn Minuten mache, wofür andere eine Stunde brauchen: dank seiner laufe ich, anstatt zu gehen, ich kann fünfzehn Briefe in einer halben Stunde schreiben, [...] und ich wurde schon im siebenten Monat geboren."
Karol Szymanowski, der sich im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts um eine neue eigenständige polnische Musik bemühte, riet ihr, die musikalische Enge Polens zu verlassen und nach Paris zu gehen. Sie folgte seinem Rat und studierte für einige Jahre bei Nadia Boulanger, der wohl berühmtesten Kompositionslehrerin des 20. Jahrhunderts. Viele von Bacewicz’ Werken atmen den Geist der französischen Musik jener Zeit, den sie mit einer ganz eigenen Handschrift, geprägt von ihrer Doppelbegabung als Komponistin und Musikerin, bereicherte. Dazu besaß sie noch ein drittes Talent: Schon während der Universitätsjahre interessierte sie sich für Philosophie und war auch bald als Schriftstellerin tätig.
Rastlos und vielschichtig wie ihr Leben, bezeichnete Bacewicz auch ihren Kompositionsstil als "beständige Evolution". "Meine Werkstatt, wie auch das Entstehen einer Komposition, ist für mich eine diskrete, rein persönliche Angelegenheit!" Grażyna Bacewicz ließ sich nicht gerne in "die Karten" schauen. Das mag auch ein Grund dafür sein, dass sie über die Grenzen Polens kaum bekannt wurde. Neben Landsleuten wie den Pianist*innen Krystian Zimerman und Ewa Kupiec begeistert sich auch Krzysztof Urbański für Bacewicz’ Musik, wie er auch anhand seiner Bearbeitung des Klavierstücks "Scherzo" deutlich macht. Zur goldenen Riege polnischer Komponisten mit Lutosławski, Penderecki, Górecki und Szymanowski gehört Grażyna Bacewicz für ihn unbedingt dazu.