Die Beziehung zwischen Alma und Gustav Mahler ist eine bewegte Geschichte von Hoffnungen und Enttäuschungen. Von zwei komplexen Charakteren, die voneinander höchst fasziniert waren und zehn Jahre lang versuchten, sich einen Reim auf den jeweils anderen zu machen.
Es begann mit Furor: Die beiden lernten sich am 7. November 1901 auf einer Abendgesellschaft kennen. Exakt drei Wochen später machte Gustav Mahler der 19 Jahre jüngeren Alma Schindler einen Heiratsantrag. Und es ging weiter mit Furor: Mahlers berühmt-berüchtigter Brief, in dem er der jungen Braut auf 20 erschlagenden Seiten darlegte, wie er sich die gemeinsame Ehe vorstellte, war eine einzige Aufforderung zur Selbstaufgabe. Zu dieser Zeit lebte Alma vor allem für ihr eigenes Schaffen. Bei Alexander von Zemlinsky hatte sie seit 1900 Kompositionsunterricht – und malte ihm und sich sogar eine gemeinsame Zukunft aus. Doch dann kam Mahler.
Sein denkwürdiger Brief schreckte Alma Schindler jedoch nicht. Im Gegenteil: Sie stürzte sich in die Ehe wie in ein Abenteuer. Die Anfang 20-Jährige hatte die Wucht, mit der sie der degradierende Alltag ernüchtern sollte, vollkommen unterschätzt. Sie fühlte sich unverstanden, ungesehen – nein: sie war unverstanden, ungesehen. Als eine nur zu verständliche Folge ihres Selbsterhaltungstriebs begann sie eine Affäre mit dem späteren Bauhaus-Gründer Walter Gropius. Als Mahler davon Wind bekam, erkannte er die Zeichen der Zeit. Er suchte Hilfe in einem ausführlichen Gespräch mit Sigmund Freud – und er sorgte dafür, dass fünf von Almas Liedern veröffentlicht wurden. Den inneren Bruch zwischen den beiden konnte dies jedoch nicht mehr heilen.
Dem ersten der Fünf Lieder, "Die stille Stadt", liegt das gleichnamige Gedicht von Richard Dehmel zugrunde. Wie Mahlers "Auferstehungssinfonie" im Großen, beschreibt es im Kleinen die Idee des "Per aspera ad astra" ("Durch Härten zu den Sternen"). Der Erlösungsgedanke der Schlusszeilen war der Beziehung von Alma und Gustav Mahler nicht beschieden: "und durch den Rauch und Nebel begann ein leiser Lobgesang aus Kindermund".