WMO-Chefin Celeste Saulo sprach bei der Veröffentlichung des abschließenden Berichts über den Zustand des Weltklimas 2023 am Dienstag von "Alarmstufe Rot": "Beim Klimawandel geht es um viel mehr als um Temperaturen."
Celeste Saulo: "Anlass zu besonderer Sorge"
"Was wir im Jahr 2023 erlebt haben, insbesondere die beispiellose Erwärmung der Ozeane, den Rückzug der Gletscher und den Verlust des antarktischen Meereises, gibt Anlass zu besonderer Sorge", sagte Saulo.
Die WMO bestätigte ihre vorläufigen Schätzungen: Die global gemittelte Durchschnittstemperatur lag 2023 rund 1,45 Grad über dem Niveau vor der Industrialisierung (1850-1900). Davor war 2016 das wärmste Jahr, mit rund plus 1,3 Grad.
Der europäische Klimawandeldienst Copernicus hatte die Erwärmung 2023 mit plus 1,48 Grad angegeben. Die WMO betrachtet jeweils Datensätze von Copernicus und mehrerer anderer renommierter Institute zusammen. Deshalb ist ihr Bericht über Klimaveränderungen besonders breit abgestützt und gilt als globale Richtschnur.
Hitzewellen in 90 Prozent der Ozeanregionen
Im Laufe des Jahres hätten 90 Prozent der Ozeanregionen eine Hitzewelle erlebt, so die WMO. Zudem hätten die Gletscher mehr Eis verloren als in jedem anderen Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1950, vor allem in Nordamerika und Europa. Auch die Ausdehnung des antarktischen Meereises habe einen Negativ-Rekord erreicht. Die maximale Ausdehnung sei eine Million Quadratkilometer kleiner gewesen als beim vorherigen Negativ-Rekord: Das entspricht einer Fläche etwa so groß wie Deutschland und Frankreich zusammen.
Der global durchschnittliche Meeresspiegel sei im vergangenen Jahr so hoch gewesen wie nie seit Beginn der Satellitenmessungen 1993. In den vergangenen zehn Jahren sei der Meeresspiegel doppelt so schnell gestiegen wie in den ersten zehn Jahren seit Beginn der Satellitenmessungen. Ursachen seien sowohl die Schmelze von Gletschern und Meereis als auch die thermische Ausdehnung des wärmeren Wassers.
"Die Rekordtemperaturen des Jahres 2023 im WMO-Bericht zeigen: Der Klimawandel und seine Folgen ist da", sagt Annika Franck von der WDR-Wissenschaftsredaktion Quarks mit Blick auf den neuen WMO-Bericht. "Wir erleben den Klimawandel jetzt schon, auch hier in Deutschland und NRW. Mit Dürren, Hitzewellen, Starkregen. Hitze ist eine Gesundheitsgefahr für viele Menschen - und da ist nur ein Beispiel, wie Menschen das ganz konkret zu spüren bekommen."
Karsten Haustein vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig kritisierte anlässlich des Berichts, dass in der öffentlichen Debatte hierzulande verbreitet der Eindruck dominiere, die Klimawandelfolgen seien durch Technologie schon irgendwie zu bewältigen. Es fehle an Willen, die Klimakrise ernst zu nehmen.
Forscher Haustein: Höhere Kosten durch Nichthandeln
"Tatsache ist, dass die durch Nichthandeln entstehenden Klimawandel-Folgekosten die nötigen Kosten, um den Klimawandel rechtzeitig zu stoppen, um fast den doppelten Betrag jährlich übersteigen werden", sagt Haustein.
Je mehr jetzt investiert werde, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu beenden, desto mehr Geld werde insgesamt mittelfristig gespart, so Haustein. "Heutige Untätigkeit wird unsere Kinder und Enkel teuer zu stehen kommen."
Über dieses Thema berichtet am 19.03.2024 auch die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen.
Unsere Quellen:
- Mitteilung der Weltorganisation für Meteorologie (WMO)
- Nachrichtenagenturen dpa und epd
- Annika Franck, WDR-Wissenschaftsredaktion Quarks