Preisdeckel für russisches Öl: Wird Tanken und Heizen noch teurer?

Stand: 04.12.2022, 16:59 Uhr

Die G7-Staaten, EU und Australien haben eine Preisobergrenze für russische Ölexporte verkündet. Wie soll das funktionieren? Und steigen jetzt die Preise für Heizöl und Benzin?

Von Andy Hodapp und Andreas Poulakos

Der Plan klingt ziemlich verwegen: Die EU will gemeinsam mit den G7-Staaten und Australien Russland diktieren, zu welchem Höchstpreis es sein Erdöl auf dem Weltmarkt verkaufen darf. Der Preisdeckel soll zunächst bei 60 US-Dollar (57 Euro) je Barrel liegen und schon ab Montag gelten - zeitgleich mit dem Start des EU-Öl-Embargos gegen Russland.

Was soll das Ganze bewirken? Wie sind die Erfolgsaussichten? Und was könnte das für die ohnehin schon hohen Benzin- und Heizölpreise bedeuten? Fragen und Antworten.

Was ist das Ziel der Preisobergrenze?

Russland ist nicht nur einer der weltgrößten Produzenten von Erdgas - auch mit dem Export von Erdöl nimmt das rohstoffreiche Land Milliarden ein: Monat für Monat. Außerdem haben die bisherigen westlichen Sanktionen die russische Wirtschaft nicht so stark geschwächt, wie zunächst erhofft. Zwar sind die russischen Energieexporte in westliche Länder mengenmäßig eingebrochen. Doch gleichzeitig sind die Weltmarktpreise so stark gestiegen, dass Russland immer noch satte Gewinne einfahren kann.

Die EU und ihre Partner wollen nun mit der Preisobergrenze für russisches Öl letztlich erreichen, dass die Kriegskasse von Wladimir Putin schrumpft - und dass sich das Land schließlich aus der Ukraine zurückziehen muss. Andererseits soll Russland durchaus weiter Öl verkaufen. Sonst würde die wertvolle Ressource auf dem Weltmarkt noch knapper, und die Preise würden auch im Westen steigen. Soweit der Plan.

Allerdings gibt es Zweifel, ob ein Höchstpreis von 60 Dollar Russland wirklich in Bedrängnis bringen könnte. "Russland wird das treffen, aber sicher nicht hart", sagte Volkswirt Andreas Löscher von der Ruhr-Uni Bochum dem WDR am Samstag. Denn die Förderkosten für russisches Öl lägen geschätzt bei 20 Dollar pro Barell. "Da ist noch viel Luft für Gewinne."

Warum sollte Russland das akzeptieren?

Im Idealfall: Weil es gar keine andere Wahl hat. Denn Russland ist aktuell beim Transport von Öl in alle Welt auf europäische Hilfe angewiesen. Reedereien in der EU betreiben mehr als die Hälfte aller Tanker auf der Welt. Das Prinzip lautet: Transporte mit russischem Öl in Drittstaaten sind verboten - es sei denn, der Preis für die Ladung liegt nicht höher als 60 Dollar pro Barrel.

Anders gesagt: Wird die Preisgrenze eingehalten, können westliche Reedereien mit ihren Schiffen weiter russisches Öl nach Indien, China oder in andere Länder bringen. Dieselbe Regelung soll für Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste gelten.

Klein beigeben will Russland offenbar noch nicht. "Wir werden diese Deckelung nicht akzeptieren", erklärte der Sprecher von Präsident Putin, Dimitri Peskow, am Samstag. Was genau Russland als Gegenmaßnahme vorsieht, das ist noch unklar.

Was bedeutet das für die Preise von Benzin und Heizöl?

Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer vorherzusagen und hängt stark von der russischen Reaktion auf die Preisobergrenze ab. Falls Russland sich dazu entschließt, seine Ölexporte unter den neuen Bedingungen völlig einzustellen, könnten die Weltmarktpreise durchaus auf breiter Front explodieren - das gilt aber als wenig wahrscheinlich.

Wie reagiert die OPEC? | Bildquelle: APA_FILES

Internationale Experten erwarten eher, dass Russland versuchen wird, die Preisobergrenze mit neuen Partnern zu umgehen. So könnten sich zum Beispiel chinesische Transport- und Versicherungsunternehmen stärker im russischen Ölgeschäft engagieren und den Platz der Europäer einnehmen. Russland könnte auch versuchen, die Preisobergrenze zu umgehen, indem mit technischen Verfahren die Herkunft des Rohstoffs verschleiert wird - oder das Öl einfach mit gefälschten Papieren schmuggelt.

Die großen Öl exportierenden Länder einigten sich derweil am Sonntag darauf, die derzeitigen Fördermengen beizubehalten. An dem im Oktober beschlossenen Kurs werde bis Ende 2023 festgehalten, teilte die Opec mit.  Die Opec-Länder, zu denen auch Russland gehört, hatten vor zwei Monaten vereinbart, die Förderung ab November um täglich zwei Millionen Barrel zu reduzieren. Damit ist es noch unwahrscheinlicher geworden, dass der Ölpreis in absehbarer Zeit sinken wird.

Wann kämen die neuen Preise bei den Verbrauchern an?

Immer mit einer gewissen Zeitverzögerung. Derzeit gehen Analysten davon aus, dass frühestens Anfang 2023 die aktuellen Veränderungen im internationalen Ölgeschäft die Preise an der Tankstelle oder beim Heizölhändler beeinflussen - im positiven oder negativen Sinne.