Wegen des Bahnhofsumbaus wurden die Menschen von ihrem Stammplatz hinter dem Bahnhof verdrängt. Sie treffen sich jetzt in einem benachbarten Parkhaus und in der Gegend zwischen Bahnhof und Promenade, was häufig zu Konflikten mit Anwohnern und Ängsten bei Passanten führt.
Hinzu kommt: Die Drogenberatung in Bahnhofsnähe platzt aus allen Nähten. Bis zu 150 Menschen suchen jeden Tag Hilfe in den Konsum- und Beratungsräumen des Vereins "Indro". Die Drogenberatungsstelle am Ostausgang des Bahnhofs von Münster leidet unter akutem Platzmangel.
Andrang vor der Beratungsstelle
Morgens um zehn hat sich schon eine lange Schlange vor der Tür gebildet. Dann öffnen die Mitarbeiter die Tür. Die Menschen strömen herein, viele sichtbar nervös. Der Suchtdruck ist deutlich zu spüren.
Tommy (Name geändert) ist einer der ersten, die an diesem Morgen einen der sechs Plätze im Konsumraum bekommen. In der Raucherkabine hinter einem dicken Plastikvorhang erhitzt er auf einer Alufolie sein mitgebrachtes Heroin. "Heute habe ich einen Zwanni, darum rauche ich für zwanzig Euro, manchmal rauche ich aber auch für hundert am Tag."
Halt verloren - mit Drogen angefangen
Tommy (36) hat mit 16 das erste Mal Heroin konsumiert, zwischendurch war er mehrere Jahre "clean". "Als meine Frau vor einem halben Jahr die Scheidung angekündigt hat, bin ich rückfällig geworden", erzählt er. Der Job, die Wohnung und seine Sicherheit waren weg, seitdem lebt er vom Bürgergeld und dem, was ihm die Leute in der Stadt in seinen Plastikbecher werfen.
Crack hat das Problem verstärkt
Das Indro ist für Tommy der Ort, an dem er seine Drogen mit sterilen Spritzen und in Sicherheit konsumieren kann. Dass dabei nichts schiefgeht, darauf passt Eva auf. Sie ist Sozialarbeiterin und Krankenschwester und bringt im Notfall die Sauerstoffflasche und Notfallmedikamente zum Einsatz.
"Seitdem es die Crack-Welle gibt, brechen immer mal wieder Leute zusammen", sagt sie. Die Trend-Droge Crack habe seit fünf Jahren vieles verändert: "Crack wirkt schnell, aber nicht so lange", so ihre Erfahrung. Darum kommen viele Süchtige mehrmals am Tag zum Konsumieren, viele seien psychisch krank.
Die Mitarbeiter im Indro leisten viel, aber ihnen fehlt es an Platz. Die Räume sind einfach zu klein. Das Café im Obergeschoss ist frisch renoviert und schick, aber es ersetzt nicht den fehlenden Platz im Konsumraum und im Büro.
Mit Polizeipräsenz für mehr Sicherheit
Dazu kommen die Probleme auf der Straße: Passanten und Anwohner fühlen sich in dem Bereich zwischen Promenade und Hauptbahnhof nicht mehr sicher. Deshalb gehen Beamte ab heute täglich dort Streife. Sie versuchen so, Drogenhandel, Schlägereien und Diebstähle im Zusammenhang mit der Drogenszene in den Griff zu bekommen.
Neuer Treffpunkt für Szene in Aussicht
Demnächst soll am Bremer-Platz eine Interimslösung entstehen: Ein neuer Treffpunkt mit Sichtschutz, gegenüber einer Schule. Tommy hat seine eigene Sicht auf die Situation: "Wir wollen kein Ghetto, sondern einfach einen Platz, wo man uns in Ruhe lässt."