Alle sind sie gekommen: Der Oberbürgermeister, die Polizeipräsidentin, alle Amtsleiter der Stadtverwaltung. Und dann ziehen sie gemeinsam los - mit festen Schuhen und Regenschirmen durch die Straßen von Coerde. Vorbei an tristen Wohnblocks, dem Einkaufszentrum, der Hauptschule.
Ein Ziel ist die Melanchton-Grundschule. Ganze sieben mal wurde hier in den vergangenen Monaten eingebrochen, Türen und Fenster eingeschlagen, Büros und Schränke durchwühlt. Schon lange gibt es Forderungen nach Überwachungskameras, doch darüber muss zunächst der Rat entscheiden.
Oberbürgermeister Markus Lewe ist sichtlich bemüht, den Stadtteil Coerde nicht als Schmuddelecke dastehen zu lassen: "Coerde ist ein lebenswerter und bunter Stadtteil, der nicht nur mit seiner Lage zwischen Aa-Wiesen, Kanal und den Rieselfeldern einiges zu bieten hat", so der OB; aber es sei auch ein Stadtteil, "in dem viele Kinder und Jugendliche in armutsbetroffenen Familien aufwachsen."
Rundgang vor Ort macht auf Probleme aufmerksam
Viele Kinder gibt es auch in dem Hochhaus, das dem Besuchertross die Sprache verschlägt. Die Mülltonnen in der dafür vorgesehen Gitterkammer quellen über, ganze Berge von Abfall stinken daneben vor sich hin.
Müll auch auf den Wiesen unter den Fenstern: Wurstverpackungen, Windeln, einzelne Socken, Plastiktüten. "Manchmal wackeln die Tonnen wegen der darin lebenden Ratten", sagt die Leiterin eines Jugendheims. Angesichts solcher Bilder sind viele erstmal sprachlos.
Oberbürgermeister bietet Bürgersprechstunde
"Das kann so nicht weitergehen", sagen viele Bürger, die am kommenden Tag zur Sprechstunde mit dem Oberbürgermeister kommen. "Der Müll ist unser größtes Problem", findet zum Beispiel ein junges Ehepaar. Die beiden gehen nur selten aus dem Haus ohne eine Mülltüte mitzunehmen, "am nächsten Tag liegt aber schon wieder überall Abfall herum".
Schnelle Veränderungen verspricht hier niemand. "Die Entwicklung Coerdes ist ein langfristiger Prozess, den wir nur gemeinsam mit den Menschen stemmen können.", sagt Oberbürgermeister Lewe. Klar ist: es wird ein neues Stadtteilzentrum und ein neues Stadtteilhaus geben, außerdem weitere Beratungs-, Bildungs- und Begegnungsangebote und eine neue Turnhalle.
Die Situation der Kinder und Jugendlichen soll dabei besondere Aufmerksamkeit bekommen. Und eine verbesserte Straßenbeleuchtung in den kritischen Straßen soll für mehr Sicherheit sorgen. Wann und vor allem ob überhaupt diese Maßnahmen greifen, muss die Zukunft zeigen.
Unsere Quellen:
Über dieses Thema berichtet der WDR am 22.04.2024 auch im Fernsehen in der WDR Lokalzeit Münsterland.