Ein bisschen nervös ist Sebastian Titz vor seiner ersten Fahrstunde im Simulator. Der 23-Jährige kommt aus Beckum und macht seit gut einem Jahr eine Umschulung zum Triebfahrzeugführer bei der Eurobahn. "Man weiß nicht, was auf einen zukommt und muss auf alles vorbereitet sein", sagt Titz und zeigt auf den Monitor, auf dem eine Bahnstrecke wie in einem Computerspiel zu sehen ist.
In Hamm beginnt Sebastian Titz mit seiner ersten digitalen Fahrt: Volle Konzentration, Hebel nach vorne, auf dem Bildschirm fährt sein Zug schneller. Dann tutet es, der Zug auf dem Monitor stoppt. Der angehende Lokführer hat ein Haltesignal nicht bestätigt, automatische Bremsung. Doch noch lernt er.
"Das macht wirklich Spaß. Die Zeit verfliegt so schnell in der Schicht. Man muss sich der Verantwortung bewusst sein für die Menschen." In wenigen Wochen möchte er seine Prüfung absolvieren und dann als Bahnfahrer bei der Eurobahn einsteigen.
Quereinsteiger oft aus technischen Berufen
Vorher hat Sebastian Titz eine Ausbildung als KFZ-Mechatroniker abgeschlossen und zwei Jahre in einer Werkstatt gearbeitet. Doch die Arbeit gefiel ihm irgendwann nicht mehr. Ein Bekannter empfahl ihm die Umschulung bei der Eurobahn: "Mit der Bahn hatte ich vorher überhaupt keine Berührungspunkte, jetzt ist das anders, es ist sehr interessant,“ erzählt Titz. Die Eurobahn fährt in NRW, Niedersachsen und den Niederlanden. Derzeit arbeiten circa 400 Lokführerinnen und Lokführer für das Unternehmen. Zuletzt mussten wegen Personalmangels Verbindungen gestrichen werden.
Zurzeit bildet die Eurobahn 19 zukünftige Lokführer aus, 40 weitere sollen noch in diesem Jahr mit der Qualifizierung starten. Viele der Quereinsteiger haben vorher einen technischen Beruf erlernt, aber auch Buchbinder, Physiotherapeuten oder Taxifahrer sind dabei.
Qualifizierung als Quereinsteiger dauert ein Jahr
Auch Ausbilder Andreas Wojtuchow war früher mal KFZ-Mechaniker. Inszwischen ist er seit 17 Jahren bei der Bahn und bildet aus.
Die Ausbildung dauert drei Jahre, die Qualifizierung für Quereinsteiger knapp ein Jahr. Die angehenden Triebfahrzeugführer lernen Theorie und Praxis im Zug und im Simulator kennen.
Bis 2027 werden 1.000 neue Lokführer gebraucht
In NRW fehlen mehrere Hundert Lokführererinnen und Lokführer, berichtet der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe. 40 Prozent der heute in den Verkehrsunternehmen Beschäftigten gehen bis zum Jahr 2027 in den Ruhestand. Bis dahin brauche es rund 1.000 neue Lokführerinnen und Lokführer - nur um das aktuelle Bahnangebot zu sichern.
Beschäftigungsoffensive soll helfen
Das Landesprogramm "Fokus Bahn NRW" setzt sich nun für Ausbildung und Qualifizierung ein und hat für sechs Millionen Euro eine Beschäftigungsoffensive gestartet. Dazu gehören zum Beispiel Speed-Datings, zuletzt kamen dazu in Paderborn 400 Interessierte. Seit dem Start der Joboffensive vor sieben Monaten haben sich mehr als 1.000 Menschen für einen Quereinstieg bei der Bahn beworben.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe
- Verkehrsministerium NRW
- Eurobahn