US-Präsident Joe Biden hat am Montag vor einer geplanten Reise nach Polen die ukrainische Hauptstadt Kiew besucht. Aus Sicherheitsgründen war seine Visite vorher nicht angekündigt worden. Biden besuchte zusammen mit Wolodymyr Selenskyj, dem Präsidenten der Ukraine, die Sophienkathedrale in Kiew. Dort legte Biden einen Kranz nieder. Die Führung in Moskau sei im Vorfeld über die Reise Bidens informiert worden, sagte US-Sicherheitsberater Jake Sullivan.
Warum hat Biden Kiew ausgerechnet jetzt besucht?
Wegen des bevorstehenden Jahrestages. Es war der erste Besuch des US-Präsidenten in der Ukraine seit der Invasion Russlands am 24. Februar vergangenen Jahres.
Biden traf am Morgen in Kiew ein, am frühen Nachmittag verließ er die Stadt wieder, um nach Polen zu reisen.
Welches Signal sendet Biden?
Auf Twitter schrieb Biden, er sei nach Kiew gereist, um das unerschütterliche Engagement der USA "für die Demokratie, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu bekräftigen".
Auf einer Pressekonferenz erinnerte Biden an die "düstere Nacht" vor fast einem Jahr. Damals habe die Welt fast den Fall von Kiew erwartet. Aber nun, ein Jahr später, stehe die Ukraine, stehe die Demokratie noch.
"Wir haben eine Koalition vom Atlantik bis zu Pazifik geschmiedet, um der Ukraine zu helfen und sich gegen die Aggression zu verteidigen. Wir trauern um die Opfer. Der Eroberungskrieg Putins scheitert gerade." Auch wolle man in den nächsten Wochen weitere Sanktionen mitteilen. Die russische Wirtschaft sei isoliert worden. "Putin glaubte nicht, dass wir zusammenhalten. Er dachte, er könnte länger durch halten als wir."
"Sie erinnern uns, was das Wort Mut bedeutet", sagte er mit Blick auf die Ukrainer. "Es lohnt sich dafür zu kämpfen, solange dies nötig ist". Es gehe nicht nur um Freiheit in der Ukraine, sondern um Freiheit weltweit, sagte Biden im Gespräch mit Selenskyi.
Was bedeutet das für den weiteren Verlauf des Krieges?
Biden kündigte ein neues Paket an Militärhilfe für die Ukraine im Volumen von einer halben Milliarde Dollar an. Es werde auch Munition für die Mehrfach-Raketenwerfer vom Typ Himars enthalten. Das ukrainische Militär dürfte damit also schlagkräftiger gegenüber den russischen Angreifern agieren können.
Selenskyj sagte, er habe bei dem Treffen mit Biden auch über eine Lieferung von Langstrecken-Raketen gesprochen.
Was sagt die Bundesregierung zu der Kiew-Reise von Biden?
Die Bundesregierung nennt die Ukraine-Reise von Biden ein "gutes Signal". Weiter wollte Regierungssprecher Steffen Hebestreit den Besuch Bidens in der ukrainischen Hauptstadt Kiew am Montag nicht bewerten.
Ist jetzt Bundeskanzler Scholz ebenfalls im Zugzwang, nach Kiew zu reisen?
Die Union hat den Ukraine-Besuch von Biden zum Anlass für Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) genommen. Der Kanzler "sollte sich ein Vorbild nehmen an Biden und durch einen erneuten Besuch in Kiew unterstreichen, dass Deutschland an der Seite der Ukraine steht", sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.
Bidens Reise in die Ukraine komme "zur rechten Zeit", sagte der CDU-Politiker. "Er unterstreicht damit die Führungsrolle der USA, auf die die Ukraine wegen deutschem und europäischen Zögern so dringend ausgewiesen bleibt."
Kanzler Scholz war seit Kriegsbeginn ein Mal in der Ukraine: Im Juni stattete er dem Land einen Besuch gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem damaligen italienischen Regierungschef Mario Draghi ab.