Auf Fahrgäste der Bahn könnten auch vor Ende der Urabstimmung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Arbeitsniederlegungen zukommen. Die Urabstimmung werde vier bis fünf Wochen in Anspruch nehmen, sagte Gewerkschaftschef Martin Burkert am Donnerstag in Berlin. "Bis dahin sind auch Warnstreiks weiterhin nicht ausgeschlossen."
Am Mittwochabend hatte die Tarifkommission der EVG die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn für gescheitert erklärt. Sie begründete den Abbruch damit, dass die von der Bahn angebotene Gehaltserhöhung - nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur 420 Euro im Monat - zu niedrig sei und zu spät komme. Die dabei vorgesehene Vertragslaufzeit von 27 Monaten sei "deutlich zu lang", hieß es.
EVG-Chef: Deutsche Bahn muss ordentlich nachlegen
"Wir werden jetzt in die Vorbereitung der Urabstimmung gehen, mit allen damit verbundenen Folgen. Unbefristete Streiks werden dadurch möglich", sagte EVG-Chef Martin Burkert. "Wir sind nach wie vor verhandlungsbereit." Um zu einem Abschluss zu kommen, müsse die Deutsche Bahn jetzt noch mal "ordentlich nachlegen".
Bahn: Eskalation absolut unnötig
Durch den Vorstandsbeschluss von Donnerstag könnten die Sommerferien in mehreren Bundesländern nun durch lange Streiks gestört werden. Die Bahn hat die Ankündigung der Gewerkschaft scharf kritisiert.
"Diese Eskalation ist absolut unnötig, wir waren ganz kurz vor dem Abschluss", erklärte Bahn-Sprecher Matthias Waha am Donnerstag. Es sei ein "Unding", Reisende mit Streikdrohungen zu verunsichern und ihnen möglicherweise "die Sommerferien zu vermiesen", fügte er hinzu.
Darum gibt es (noch) keine Schlichtung
Eine friedlichere Lösung des Tarifkonflikts wäre eine Schlichtung. Doch dazu müssten beide Tarifparteien bereit sein, sagte Herta Däubler-Gmelin, erfahrene Schlichterin sowie frühere SPD-Politikerin und Bundesjustizministerin, am Donnerstag dem WDR.
Für eine erfolgreiche Schlichtung sei außerdem nötig, dass die Tarifparteien "einen Schlichter oder eine Schlichterin finden, der sie beide vertrauen", so Däubler-Gmelin. Und dann hänge es "natürlich davon ab, dass der Schlichter oder die Schlichterin die Klugheit einer Schlange, dann die Kreativität eines Elefanten und die Geduld eines Esels" habe.
Gewerkschaft fordert mindestens 650 Euro mehr pro Monat
Die EVG ging mit dem Ziel einer Festbetragserhöhung von mindestens 650 Euro im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen in die Gespräche. Die Laufzeit sollte nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen.
Die Bahn hat nach eigenen Angaben zuletzt einen hohen Festbetrag, eine Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro und weitreichende strukturelle Verbesserungen bei 27 Monaten Laufzeit des Tarifvertrags in Aussicht gestellt.