Unwetter und Überschwemmungen in Valencia I sv
00:42 Min.. Verfügbar bis 01.11.2026.
Unwetter in Spanien: Mehr als 200 Todesopfer bisher
Stand: 01.11.2024, 18:00 Uhr
Nach den verheerenden Unwettern im Südosten Spaniens steigt die Zahl der Todesopfer weiter rasant an. Insgesamt 205 Todesfälle sind bislang bestätigt.
Allein in der Provinz Valencia kamen mindestens 202 Menschen ums Leben. Dort hatte am Dienstag sintflutartiger Regen zu einer Flutkatastrophe geführt. Vielerorts wurden Straßen, Häuser und Felder überschwemmt sowie Autos und Bäume von den Wassermassen mitgerissen. In einem Kongresszentrum in Valencia richteten die Rettungskräfte nun eine provisorische Leichenhalle ein.
Auch andere beliebte Urlaubsregionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sind betroffen. Ebenso wie Kastilien-La Mancha im Landesinneren: Dort wurden mindestens zwei Todesfälle gemeldet.
Am Freitag hat das Tiefdruckgebiet auch Mallorca erreicht und die Insel mit ersten heftigen Schauern überzogen. In manchen Gebieten der beliebten Balearen-Insel seien bereits mehr als 100 Liter pro Quadratmeter gefallen, berichtete das Wetterportal "MeteoDadesBalears".
Am Flughafen Palma sind alle Flüge etwa ein bis zwei Stunden verspätet, wie aus der deutschen Website der Flughafengesellschaft Aena hervorgeht. Der spanische Wetterdienst Aemet gab vorsorglich für Allerheiligen die Warnstufe Orange für die gesamte Inselgruppe aus, zu der auch Menorca, Ibiza, Formentera und Cabrera gehören.
Die Regierung der Balearen riet von allen Aktivitäten im Freien ab. Bis Samstag 8 Uhr gilt für die Inseln die zweithöchste Warnstufe Orange. In den folgenden Tagen soll es wechselhaft bleiben, wenngleich es wohl nicht mehr so stark regnet.
Auf dem Festland geht die Suche nach Vermissten weiter. Mehr als 1.200 Soldaten sind dafür neben den Rettungskräften bereits im Einsatz. Die Behörden stellen sich auf weitere Tote ein, da immer noch Dutzende Menschen vermisst werden. Für Huelva im Südwesten gibt es eine neue Unwetterwarnung.
Diskussion über Versäumnisse
Nicht nur in Spanien, sondern auch in den europäischen Nachbarländern sorgten die Bilder der Wassermassen und Zerstörung für einen Schock. Die Regierung in Madrid hat am Donnerstag eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.
Der Schock in Spanien sitzt tief.
Zudem rückt die Frage in den Fokus, ob die Behörden früh genug vor der Gefahr gewarnt haben. Verteidigungsministerin Margarita Robles lehnte es ab, sich an der im Land entbrannten Diskussion über Versäumnisse bei der Warnung vor Unwettern zu beteiligen.
"Jeder weiß, was er gut und schlecht gemacht hat", sagte sie mit Blick auch auf einen Streit zwischen Innenminister Fernando Grande-Marlaska und dem Regierungschef der Region Valencia, Carlos Mazón. Beide werfen sich gegenseitig vor, für das Warnsystem zuständig gewesen zu sein.
Tatsächlich gingen Warnungen des Zivilschutzes am Dienstag erst gegen 20.10 Uhr an die Handys aller Menschen in der Region Valencia. Da hatte es schon seit Stunden geregnet, erste Flüsse waren bereits über die Ufer getreten.
Aufräumarbeiten unter schwersten Bedingungen
In den Straßen von Valencia türmen sich Autos.
In der Region rund um Valencia laufen inzwischen die Aufräumarbeiten - unter schwersten Bedingungen. Viele Gemeinden sind weiter von der Außenwelt abgeschnitten und müssen Hilfe für die Einwohner auf eigene Faust organisieren. Im Großraum Valencia seien 80 Kilometer Straßen sowie die Nahverkehrsverbindungen zerstört, sagte Transportminister Óscar Puente. Auch die Stromversorgung und Telefonverbindung ist noch nicht überall wiederhergestellt.
Es fehle an allem, sagte beispielsweise die Bürgermeisterin des besonders stark verwüsteten Ortes Catarroja, Lorena Silvent, am Freitagmorgen im spanischen Rundfunk RTVE:
Silvent plant nun, Versorgungspunkte in dem knapp 30.000 Einwohner zählenden Ort südlich von Valencia aufzubauen. Dort sollen Spenden wie Lebensmittel und Kleidung verteilt werden. Zudem wolle sie eine Anlaufstelle für medizinische Versorgung rund um die Uhr einrichten. Wann sie staatlich organisierte Hilfe erwarte, sagte sie nicht.
Mögliche deutsche Hilfsleistungen?
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich von der Flutkatastrophe "erschüttert". Auf der Plattform "X" schrieb er am Mittwoch, die Bundesregierung stehe mit Spanien im Austausch wegen möglicher Hilfsleistungen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte ebenfalls Hilfe in Aussicht.
Das THW aber ist bislang nicht zur Unterstützung angefragt, teilte die Organisation am Freitag auf WDR-Anfrage mit. Noch liege aus Spanien kein Hilfeersuchen über den europäischen Katastrophenschutz-Mechanismus vor. "Ein solches internationales Ersuchen ist die Grundlage, dass das THW als Bundesbehörde in einem anderen Land in den Einsatz gehen kann", so ein Sprecher.
Folgenschwerste Überschwemmungen seit Jahrzehnten
Auch Aldaia in der Provinz Valencia ist schwer gezeichnet.
Bereits 1996 und 2007 hatte es in Spanien verheerende Überschwemmungen gegeben, die jetzige Unwetterkatastrophe ist jedoch die folgenschwerste in Europa seit Jahrzehnten. In Rumänien waren 1970 bei Überschwemmungen 209 Personen gestorben, drei Jahre zuvor forderten die Fluten in Portugal fast 500 Menschenleben.
In Valencia war am Dienstag innerhalb von acht Stunden so viel Regen gefallen wie sonst in einem ganzen Jahr. So meldete der spanische Wetterdienst unter anderem für die Gemeinde Chiva eine Regenmenge von 491 Liter pro Quadratmeter.
Wassermengen bei "Starkregen"
Hohe Wassertemperaturen begünstigen Unwetter
WDR-Meteorologe Jürgen Vogt
Erst vor zwei Wochen waren extreme Unwetter über Frankreich gezogen und hatten auch dort schwere Schäden verursacht. Ein wichtiger Grund für diese Serie seien die aktuell sehr hohen Wassertemperaturen im Mittelmeer, sagt WDR-Meteorologe Jürgen Vogt: "Zurzeit ist es je nach Region zwei bis drei Grad wärmer als im langjährigen Mittel." Die hohen Wasser- und Lufttemperaturen begünstigten die Entstehung und erhöhten die Intensität von Unwettern. "Das heißt nicht, dass es solche Ereignisse früher nicht gab. Aber sie werden häufiger."
In NRW weiter grau und regnerisch
In NRW hingegen halte das ruhige Herbstwetter an, so Vogt. Die Wetterlage in Südeuropa habe aktuell keinen Einfluss auf Deutschland. Es bleibt vorerst grau und regnerisch.
Am Samstag kühlt es etwas ab. Das Wochenende wird abgesehen von Morgennebel und einigen kurzen Schauern recht trocken. Hin und wieder zeigt sich auch die Sonne. Ein Wintereinbruch ist vorerst nicht in Sicht.
Unsere Quellen:
- Interview mit WDR-Meteorologe Jürgen Vogt
- Nachrichtenagenturen dpa, AP, AFP und Reuters
- Technisches Hilfswerk (THW)
- Social-Media-Plattform "X"
Über dieses Thema berichten wir am 01.11.2024 auch im WDR-Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.