Stellwerk-Sabotage: Experte fordert besseren Schutz

Stand: 01.02.2023, 10:19 Uhr

In NRW hat es am Wochenende offenbar Manipulationen an mehreren Stellwerken der Bahn gegeben. Es kam zu Zwangsbremsungen von Zügen. Ein Sicherheitsexperte fordert mehr Schutz für die Stellwerke.

Von Christian Wolf

Das Stellwerk Leverkusen-Küppersteg | Bildquelle: WDR

Bei der Deutschen Bahn sind erneut wichtige technische Anlagen ausgefallen - offenbar wegen Manipulation. Polizei und Staatsanwaltschaft teilten am Montag in Köln mit, dass am Sonntagmorgen gegen 8.45 Uhr in einem Stellwerk in Leverkusen mehrere Notausschalter betätigt worden seien. "Das hat dazu geführt, dass verschiedene Züge automatisch gestoppt worden sind, weil sie keinen Strom mehr gezogen haben", sagte der Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, Ulrich Bremer.

Zudem prüft die Polizei nach eigenen Angaben einen Zusammenhang mit weiteren Vorfällen am Sonntagvormittag. Dabei gehe es um Stellwerke der Bahn in Essen-Kray, Essen-Stadtwald und Schwelm. Ermittelt werde wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr. Die Hintergründe seien derzeit noch unklar. "Ob das ein Sabotageakt ist, vermag ich noch nicht zu sagen. Aber man muss sich schon Zutritt verschaffen zu dem Stellwerk und da gehen wir schon davon aus, dass diese Störung mutwillig produziert worden ist", sagte Oberstaatsanwalt Bremer dem WDR.

Auch ein terroristischer Hintergrund sei nicht auszuschließen, erklärte die Kölner Polizei am Dienstagabend gegenüber dem WDR. Informationen der Staatsanwaltschaft Essen, denen zufolge es keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund gäbe, sind laut Kölner Polizei falsch.

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Die Bahn selbst spricht von "Sabotage-Versuchen". Es sei zu "kurzzeitigen Unterbrechungen in der Stromversorgung" gekommen, teilte ein Sprecher mit. Die Einschränkungen hätten sich aber "in Grenzen" gehalten. "Lediglich vier Züge mussten vorsorglich angehalten werden", hieß es. Die Bahn unterstütze die Behörden bei der Suche nach dem oder den Tätern und setze auf eine "schnelle Aufklärung der Hintergründe".

Experte beklagt offenliegende Daten

Holger Berens vom "Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastruktur" forderte im WDR bessere Sicherheitsvorkehrungen. Es dürfe nicht länger hingenommen werden, dass in teilweise sehr alte Stellwerkhäuser einfach eingedrungen werden könne, sagte er am Dienstag im "Morgenecho" von WDR5.

Ein weiteres Problem sei, dass viele Daten über die kritische Infrastruktur offen im Internet zu finden seien. Das betreffe neben der Bahn auch die Wasser- und Energieversorgung. Zudem seien Mitarbeiter, die dort in verantwortlichen Positionen tätig sind, über soziale Netzwerke ausfindig zu machen. Häufig seien sie nicht genügend sensibilisiert, wie sie sich zu verhalten haben, wenn sie zu technischen Fragen angesprochen würden und könnten so ein Einfallstor für Kriminelle werden, warnte der Sicherheitsexperte.

Mehrere Vorfälle im vergangenen Jahr

Schon im vergangenen Jahr war die Bahn mehrmals Ziel von Saboteuren geworden. So hatten Unbekannte im Oktober in Herne und in Berlin Glasfaserkabel des internen Bahn-Mobilfunknetzes gekappt. Über diese Kabel lief unter anderem die Kommunikation zwischen Lokführerinnen und Lokführern sowie den Leitstellen. Der Bahnverkehr in Norddeutschland kam daraufhin für mehrere Stunden komplett zum Erliegen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von Sabotage. Wer dahinter steckte, ist immer noch nicht klar.

Und im Dezember wurde die Bahn erneut von Saboteuren attackiert: Unbekannte brachen im Essener Stadtteil Dellwig in ein Schalthaus ein und durchtrennten in Schaltkästen Kabel.

Über dieses Thema berichten wir am 30.01.23 auch im WDR Hörfunk und im Fernsehen.