Tarifverhandlung im öffentlichen Dienst: Schlichter legen Empfehlung vor

Stand: 15.04.2023, 13:34 Uhr

Im festgefahrenen Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst gibt es Bewegung: Die Schlichtungskommission legte am Samstag eine Einigungsempfehlung vor. Die Gefahr von neuen Streiks ist damit aber nicht gebannt.

Die Schlichtungskommission legte am Samstag in Berlin nach zweiwöchigen Beratungen eine Empfehlung für eine Einigung im Tarifstreit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst vor. Doch bedeutet das auch die Einigung im Tarifkonflikt? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was genau schlägt die Schlichtungskommission vor?

Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst soll es einen Inflationsausgleich in Höhe von insgesamt 3.000 Euro geben - er ist bis zu dieser Höhe steuerfrei. 1.240 Euro sollen im Juni gezahlt werden, danach monatlich von Juli bis Februar 2024 jeweils 220 Euro. Ab März 2024 sollen die Löhne dann um 200 Euro steigen und danach zusätzlich um 5,5 Prozent steigen, monatlich jedoch um mindestens 340 Euro.

Für Studierende, Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten sollen abweichende Regeln gelten. Sie sollen zunächst einen Inflationsausgleich in Höhe von 620 Euro und ab Juli 2023 monatlich 110 Euro erhalten.

Die Schlichtungsempfehlung sieht eine Laufzeit von 24 Monaten rückwirkend ab Januar 2023 vor.

Warum überhaupt eine Schlichtungskommission?

Es hatte keine Annäherung zwischen Verdi und Beamtenbund einerseits und den Arbeitgebern andererseits gegeben.

Verdi und Beamtenbund fordern bislang 10,5 Prozent, monatlich jedoch mindestens 500 Euro mehr Geld bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Das Angebot von Bund und Kommunen belief sich nach Angaben der Arbeitgeber auf insgesamt acht Prozent für eine Laufzeit von 27 Monaten. Es enthielt diesen Angaben zufolge einen monatlichen Mindestbetrag in Höhe von 300 Euro. Zudem sollte nicht tabellenwirksam ein steuerfreier Inflationsausgleich in Höhe von 3.000 Euro gezahlt werden.

Verdi und der Beamtenbund hatten die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen Ende März in dritter Runde für gescheitert erklärt. Die Arbeitgeber hatten daraufhin die Schlichtung angerufen.

Wer ist die Schlichtungskommission und wie setzt sie sich zusammen?

Die Schlichtungskommission besteht aus 24 Mitgliedern und ist paritätisch mit Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern besetzt. Die Kommission tagte an einem geheim gehaltenen Ort. Bund und Kommunen beriefen den ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) zum Schlichter, die Gewerkschaften den Bremer Verwaltungswissenschaftler und Fachmann für öffentliches Tarifrecht, Hans-Henning Lühr.

Was bedeutet die Schlichtungsempfehlung für die Tarifverhandlungen?

Nach WDR-Informationen wurde die Empfehlung nicht einstimmig beschlossen. "Das heißt, der vorgeschlagene Kompromiss ist wackelig und wird nicht allen passen", sagt Frank-Christian Starke von der WDR-Wirtschaftsredaktion.

Durch den Schlichterspruch wird nun der Druck auf die Tarifparteien erhöht, eine Einigung zu finden. Dennoch ist ein Schiedsspruch nur eine Empfehlung. Die Verhandlungen könnten trotzdem erneut scheitern.

Wie geht es nun weiter?

Die Tarifparteien wollten sich am Samstag zunächst nicht zu der Schlichtungsempfehlung äußern. Ob sie umgesetzt wird, darüber beraten Gewerkschaften, Bund und Kommunen am 22. April in Potsdam. Scheitert eine Einigung, könnten die Gewerkschaften Urabstimmungen und unbefristete Streiks einleiten. Das heißt: Busfahrerinnen, Straßenbahnfahrer, Müllwerker, Erzieherinnen & Co. könnten erneut ihre Arbeit niederlegen.

Die Gewerkschaften hatten schon im Zuge der ersten drei Tarifverhandlungen immer größere Warnstreiks organisiert. Damit legten sie beispielsweise weite Teile des öffentlichen Verkehrs lahm. Auch Kitas, Kliniken oder etwa die Müllabfuhr war von massiven Warnstreiks betroffen.