Sechs Angeklagte, sechs Freisprüche und ein Kronzeuge, der wegen mutmaßlicher Falschaussage selbst in U-Haft sitzt: Das ist die Bilanz des zweijährigen Mammut-Prozesses gegen insgesamt sechs Hells Angels-Rocker am Landgericht Duisburg.
Die Kammer sprach am Freitag auch die letzten zwei Angeklagten frei, nachdem sich der einzige Belastungszeuge immer weiter in Widersprüche verstrickt hatte. Jetzt sitzt er selbst wegen mutmaßlicher Falschaussage in Untersuchungshaft. Aufgrund seiner Aussagen hat sich das Gericht über zwei Jahre mit dem Fall beschäftigt.
Die Tat
2019 meldete sich der Mönchengladbacher Ramadan I. bei den Behörden und erzählte, dass er fünf Jahre zuvor selbst an der Beseitigung des ermordeten Rockers Kai M. beteiligt gewesen sei. Dessen Leichenteile wurden im Rhein und im Rhein-Herne-Kanal gefunden.
Laut Ramadan I. soll zuvor Hells Angels-Anführer Ramin Y. den Mann erschossen haben, weil dieser ihn an die Polizei verraten habe. Dann sollen mehrere Anhänger der Hells Angels die Leiche zerteilt, mit Beton beschwert und in verschiedenen Gewässern entsorgt haben.
Der unglaubwürdige Zeuge
Im Zuge der Vernehmungen veränderte Ramadan I. seine Aussagen immer weiter. Diese Widersprüche gipfelten darin, dass er Anfang Juli auf Eigeninitiative erneut vor Gericht aussagen wollte.
Dabei zog er weite Teile seiner Anschuldigungen gegen den Hauptangeklagten zurück. Er belastete den inzwischen als tot geltenden Bandenboss Ramin Y. und beschuldigte ihn, allein für die Ermordung verantwortlich zu sein.
Der Prozess fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Auch Anhänger der Rocker Hells Angels befanden sich bei der Verhandlung im Zuschauerraum. Einige feierten die Freisprüche mit verhaltenem Jubel.
"Keine Versäumnisse der Ermittlungsbehörden"
Richter Mario Plein machte in der Urteilsverkündung deutlich, dass er keine Versäumnisse auf Seiten der Ermittlungsbehörden oder der Staatsanwaltschaft sehe. Dass der Prozess nach 91 Verhandlungstagen mit sechs Freisprüchen zu Ende geht, sei der Unglaubwürdigkeit des Hauptzeugen geschuldet.
Dieser nutze laut Einschätzungen des psychiatrischen Sachverständigen die Lüge, um seine persönlichen Ziele zu erreichen. Er steht unter Verdacht, für seine letzte Aussage Geld bekommen zu haben. Die Staatsanwaltschaft untersucht derzeit seine Handydaten.
Wer hat Kai M. getötet?
Der mutmaßliche Haupttäter Ramin Y. hatte sich vor Jahren ins Ausland abgesetzt. Wie im April bekannt wurde, soll er im Iran bei einer Auseinandersetzung erschossen worden sein.
Die Mutter des Getöteten betonte am Freitag vor Gericht, dass ihr die Verhandlung keine Klärung gegeben habe.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporterin vor Ort
- Landgericht Duisburg