Es ist kurz nach Mitternacht. Der Flughafen Köln-Bonn ist fast leer. Nur noch ein Flieger kommt an - aus Istanbul. An Bord sind auch Cem Colak und Mert Alkan. Die beiden waren zusammen mit anderen Pflegekräften in der Türkei, haben dort ehrenamtlich fünf Tage lang geholfen - mit ihrem Fachwissen und Hilfsgütern.
Wieder in Sicherheit, Unfassbares erlebt
Als sie aus dem Flieger kommen sieht man ihnen die Strapazen der letzten Tage an, aber sie sind auch glücklich. "Wir sind froh, auf sicherem Boden zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes. Es war in den letzten Tagen ein tägliches Beben und jetzt sind wir hier in Sicherheit", sagt Cem Colak.
Was sie erlebt haben, können sie kaum in Worte fassen. Es fällt beiden schwer. "Ich glaube, ich kann nicht darüber reden. Ich bin mit Geschichten und Situationen konfrontiert worden, die erstmal auch bei mir sacken müssen", erklärt Cem Colak und man spürt, wie sehr ihn das Schicksal der Menschen in der Erdbebenregion mitgenommen hat.
Menschen sind traumatisiert
Die Pflegekräfte haben in Kahramanmaraş vor allem eins gemacht: den Menschen zugehört. Sie haben so von einem Pfleger erfahren, der seine tote Frau und seine drei Kinder immer noch nicht aus den Trümmern bergen konnte, weil er auf der Intensivstation gebraucht wird, von Kindern, die jetzt Waisen sind und neben der Familie auch die Lieblingspuppe vermissen.
"Die psychische Situation der Menschen ist sehr sehr schlimm. Man denkt, das Schlimmste ist eigentlich schon vorbei, aber jetzt realisieren die meisten, was eigentlich passiert ist, dass sie ihre Eltern oder Kinder verloren haben, ihre Verwandten", erzählt Krankenschwester Deniz Akpinar. Die gebürtige Münsterländerin war eine von vielen Pflegerinnen im Team der Mission "Florence Nightingale" - so hat Cem Colak seine Hilfsaktion genannt.
Schöne Momente
Altenpfleger Mert Alkan aus Marl denkt nach seiner Ankunft auch an die schönen Dinge, wie den Zusammenhalt der deutschen und türkischen Pflegekräfte, die gemeinsamen Abende, die Gastfreundschaft. Er wollte vom ersten Tag an hin und helfen. Jetzt fühlt er sich gut, erzählt er.
Familie bangte um die Helfer
Am Flughafen wartet auch Merts Bruder Seref. Und am Telefon viele Verwandte, die in einem großen Videoanruf Merts Ankunft feiern. Denn alle haben sich große Sorgen um den Jüngsten in der Familie gemacht. "Für andere Leute waren das fünf Tage, für mich waren es fünf Monate oder sogar mehr. Die Zeit ging nicht um, man war in Gedanken immer bei ihm", so der Bruder.
Blick in die Zukunft
Fest steht nach ihrer Hilfaktion: die Pflegerinnen und Pfleger wollen wiederkommen und dann Projekte vor Ort unterstützen, nachhaltig etwas bewirken. Denn ihre Erlebnisse in Kahramanmaraş werden sie ihr Leben lang nicht vergessen.
Über dieses Thema hat die WDR Lokalzeit Ruhr am 06. März 2023 im Fernsehen berichtet.