Fall Marvin: Vor-Ermittlungen gegen Duisburger Polizei eingestellt

Stand: 30.09.2022, 18:29 Uhr

Im Fall des missbrauchten Marvin hat die Staatsanwaltschaft Duisburg die Vor-Ermittlungen gegen die Polizei Duisburg eingestellt.

Die Polizei in Duisburg hatte im Juli 2019 einen Hinweis auf den seit zwei Jahren vermissten Jugendlichen zu den Akten gelegt – ohne ihm nachzugehen. Ein Tippgeber gab im Juli 2019 an, dass er den vermissten Marvin in Recklinghausen gesehen habe, in der Gesellschaft einer bestimmten Person: Lars H. - Weil der Hinweisgeber jedoch glaubte, dass er Marvin 2016 gesehen habe, legte die Sachbearbeiterin den Hinweis zu den Akten, da Marvin erst seit 2017 als vermisst galt.

Marvin durch Zufall gefunden

Der Tipp stellte sich jedoch fünf Monate später als richtig heraus, als Ermittler die Wohnung des vorbestraften Lars H. durchsuchten. Sie gingen damals einem ganz anderen Fall nach: Die Internet-Adresse von Lars H. tauchte kurz vorher in einem Fall von pädosexuellen Videos auf. Die Ermittler vermuteten daher pädosexuelles Material bei Lars H . und fanden völlig überraschend einen Jungen im Schrank - es war der vermisste Marvin.

Staatsanwaltschaft ermittelt - bis Mai 2022

Die Staatsanwaltschaft leitete 2020 Ermittlungen gegen die Sachbearbeiterin der Polizei Duisburg ein. Um der Frage nachzugehen, ob sich die Sachbearbeiterin strafbar gemacht hatte, indem sie den Hinweis aussortierte. Diese Vorermittlungen wurden im Mai 2022 eingestellt - so die Staatsanwaltschaft auf WDR-Nachfrage.

Ein Interview lehnt die Behörde in Duisburg ab und schickt eine schriftliche Begründung. Tenor: Es wurde der Vorwurf des Unterlassens untersucht. Genauer gesagt der Vorwurf des fahrlässigen Missbrauchs durch Unterlassen. Die Staatsanwaltschaft zieht das Fazit: "Jedoch stellt das Strafgesetzbuch den fahrlässigen sexuellen Missbrauch nicht unter Strafe und kann deshalb von der Staatsanwaltschaft strafrechtlich nicht verfolgt werden. […] Im Ergebnis ist das strafrechtliche Ermittlungsverfahren daher gegen die Polizeibeamtin […] am 30.05.2022 eingestellt worden.“

Hinweise nun doppelt geprüft

Ganz folgenlos bleibt der Fall trotzdem nicht. Die Polizei hat ihre Arbeitsweise umgestellt: Hinweise in Vermisstenfällen bewerten nun immer zwei Sachbearbeiter. Und regelmäßig werden die Sachstände aller Vermisstenfälle der Dienststellenleitung und der Inspektionsleitung in einer Sitzung vorgestellt. Die Anwältin von Marvin will nun nicht mehr prüfen, ob dem Jungen Schadensersatz zusteht. Es sei wichtiger, dass Marvin zur Ruhe komme, so die Anwältin Marie Lingnau.

Über diese Thema berichten wir auch am 30.09. in der Lokalzeit aus Dortmund im WDR Fernsehen.