Wenn Demenzkranke nicht zurück finden: Ehrenamtliche Hundestaffel hilft

Stand: 06.07.2024, 06:00 Uhr

Ein Duisburger Seniorenzentrum und eine Gruppe Hundebesitzer haben eine neue besondere Kooperation: Wenn Bewohner verschwunden sind, steht ein Mantrailing-Team bereit. Das entlastet Polizei und Pflegekräfte.

Von Agata Pilarska

Hund Cess schnüffelt kurz an einem Taschentuch, während seine Besitzerin Melanie Neglia das Kommando gibt: "Auf!" Cess läuft los und riecht aufgeregt an den ersten Menschen, die ihm im Casa Mia Seniorenzentrum Duisburg begegnen. Die Duftspur stimmt nicht überein. Und wieder ist die Leine auf Spannung.

Neglia und ihr Hund machen schon lange Mantrailing, sind heute aber zum ersten Mal im Pflegeheim dabei. Mantrailing ist ein beliebtes Hobby unter Hundehaltern. Viele Hundeschulen bieten die intensive Nasenübung mit professioneller Begleitung an. Auf ein Kommando sucht der Hund die Person, die zum ausgewählten Gegenstand gehört. Hundetrainerin Romina Sabatasso begleitet die Suche. Dem Tier macht das Spaß - und es ist sehr nützlich.

Vertraute Orte werden abgesucht

Hundetrainer Andreas Kühm mit Trainerin Romina Sabatasso | Bildquelle: WDR/ Agata Pilarska

Andreas Kühm, Hundetrainer aus Essen, hatte die Idee für das Projekt. Ein Mal im Monat trainiert die Gruppe im Pfegeheim. Im Ernstfall kann sich das Personal jederzeit an ihn wenden: "Das geht alles über Whatsapp. Wer in der Nähe ist und Zeit hat, fährt mit seinem Hund hin." Zurzeit sind 19 Hunde und 14 Menschen im Team.

Oft sind die Bewohner ganz in der Nähe - und dennnoch unauffindbar. Das Pflegepersonal sucht zunächst selbst den Außen- und Innenbereich ab. Auch vertraute Orte des jeweiligen Bewohners in der Umgebung werden abgesucht. Dann wird die Polizei rufen. Bis die erweiterte Suche ins Rollen kommt, vergeht wertvolle Zeit. Gerade im Winter kann das für die Senioren gefährlich werden.

Nach erfolgreicher Suche gibt es eine Belohnung für den Hund

Zum Einsatz im Ernstfall kam die Hundestaffel noch nicht. Das Training ist aber ausgesprochen vielversprechend. "Gerade hier, wo die Bewohner jeden Tag mehrmals hin und her gehen, ist die Herausforderung für die Hunde groß", sagt Kühm.

Cess steht vor einem Aufzug und fordert mit einem bestimmten Zeichen seine Besitzerin auf, ihn an dieser Stelle zu unterstützen. Im ersten Stock findet er ganz hinten im Flur Hildegard, die zusammen mit einer Betreuung hier versteckt wurde. Freudig stürmt der Hund auf die Seniorin zu. Denn er weiß, dass jetzt sein Lieblingsfressen als Belohnung auf ihn wartet.

Die Suche hat keine fünf Minuten gedauert. Während Menschen nur fünf Millionen Riechzellen in der Nase haben, hat allein ein kleiner Hund 125 Millionen davon. Jeder Hund kann Mantrailing lernen. In der Hundestaffel sind diverse Rassen, selbst ein Dackel ist dabei.

Win-Win für alle

Melanie Neglia mit ihrem Hund Cess, der versteckten Bewohnerin und einer Betreuerin | Bildquelle: WDR/ Agata Pilarska

Cess ist ein American Staffordshire Terrier. Die Rasse wird den sogenannten Kampfhunden zugeordnet. In den meisten Kommunen gelten für die Haltung besonders strenge Regeln. Melanie Neglia hat ihn als Welpen aus dem Tierheim geholt. "Ich war sofort verliebt. Ich wusste gleich, das ist meiner." Seit fünf Jahren ist Cess an ihrer Seite.

Gerne ist die Duisburgerin bereit, im Ernstfall die Suche zu unterstützen. "Wenn er alles findet, ist man noch mehr stolz. Gerade weil er ein Listenhund ist. Er ist ein Hund, wie jeder andere auch. Er will einfach nur sein Fressen haben, gestreichelt werden und ausgelastet sein," sagt Neglia.

Cess ist nach der Suche müde und ruhig - ausgelastet eben. Alle Mitglieder der Hundestaffel sind froh, ihrem Hund und im Notfall den Menschen im Seniorenzentrum etwas Gutes tun zu können. Eine Win-Win-Situation für alle.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort
  • Hundetraining Baruta
  • Educanis Hundeschule

Über dieses Thema berichtet der WDR am 11.07.2024 auch im Fernsehen in der Lokalzeit Ruhr um 19:30 Uhr.