"Man ist reingekommen und sofort über tote Tauben gestolpert. Das muss ein unheimlich qualvoller Tod gewesen sein", sagt Tierschützer Dustin Tanallari. Er und ein Kollege haben Fotos und Videos im Haus in der Wattenscheider Fußgängerzone gemacht.
Auf den Bildern sind mindestens 50 tote Tauben zu sehen, die mutmaßlich verhungert oder verdurstet sind. Den Tipp hatten die Tierschützer von einer Anwohnerin bekommen. Sie hatte gesehen, wie jemand das Haus dichtgemacht und die Tiere so dort eingeschlossen hatte.
Eigentümer ließ offenbar Haus dichtmachen – ohne Tauben zu verscheuchen
Nach WDR-Recherchen war es der aktuelle Eigentümer, der das Haus abriegelte. Für die Sanierung verschlossen Arbeiter alle Türen, Fenster und jeden Spalt. Wohl, damit keine Tauben mehr reinkonnten – den Tieren drinnen waren damit alle Fluchtwege versperrt.
"Es ist erschütternd, dass man den Tod mehrerer Dutzend Tiere so einfach in Kauf nimmt", sagt Oliver Buschmann. Der Politiker (die Grünen) ist stellvertretender Bezirksbürgermeister in Wattenscheid. Der Eigentümer hatte ihm gegenüber behauptet, es seien beim Abdichten nur noch tote Tiere im Haus gewesen. "Die Bilder zeigen was anderes", sagt er.
"Es ist das gute Recht des Eigentümers, das Haus dicht zu machen, aber erst müssen natürlich die Tiere vergrämt werden", stellt er klar. Vergrämen heißt in diesem Fall, dass die Tauben erst aus ihrem Zuhause hätten verjagt werden müssen, bevor die Türen und Fenster zugemacht wurden.
Jahrelanger Rechtsstreit zwischen Stadt und Eigentümer
Schon seit Jahren gibt es einen Rechtsstreit zwischen der Stadt Bochum und dem Eigentümer der Schrottimmobilie. Ein Gerüst an der Hauswand deutet eigentlich an, dass es hier voran geht und etwas passiert. Fehlanzeige.
Vor etwa zweieinhalb Jahren hatte das Problemhaus schon einmal Schlagzeilen gemacht, weil Steine und Dachziegel vom Dach direkt in die Wattenscheider Fußgängerzone gefallen waren. Dass seit Jahren nur noch Tauben in dem Haus wohnen und dort ihre Nester bauen, ist bekannt.
Tierschutzorganisation: "Natürlich erstatten wir jetzt Anzeige"
"Hier liegt ganz klar ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor", schätzt Rechtsanwalt Volker Schröder die Situation ein. Tiernotruf e.V. will jetzt Anzeige gegen den Eigentümer erstatten. Sie hätten sich gewünscht, dass der Eigentümer von sich aus auf sie zugekommen wäre, sagt Tanallari. "Dann hätten wir die Tiere noch retten können".
Unsere Quellen:
- Tiernotruf e.V.
- stellv. Bezirksbürgermeister Oliver Buschmann
- Stadt Bochum
- Rechtsanwalt Volker Schröder