2004 wurde Muhammet Ayazgün nach eigenen Angaben durch umherfliegende Nägel der Bombe schwer am Kopf verletzt, sein Trommelfell riss. Deshalb hört er heute auf dem linken Ohr nur noch zu 40 Prozent. Seit über 30 Jahren lebt Muhammet Ayazgün auf der Keupstraße und ist Inhaber eines Cafés.
Zum Zeitpunkt des Anschlags hatte er sich mit einem Freund auf der Straße unterhalten. Ohne es zu wissen in direkter Nähe der Bombe, die versteckt in einem Koffer auf dem Gepäckträger eines abgestellten Fahrrads war: "Das, was ich da erlebt habe, kann man nicht vergessen. Ich hoffe, das wird sich nicht mehr wiederholen, aber ich habe immer noch Angst davor." Den Mann, der das Fahrrad mit der Bombe abgestellt hatte, hatte Ayazgün gesehen. Die Polizei nimmt seine Aussage auf.
Muhammet Ayazgün erzählt, dass die Menschen auf der Keupstraße früh davon ausgingen, dass die Täter aus rechtsextremen Motiven gehandelt haben, denn die Keupstraße ist für ihre türkische Community bekannt. Die Polizei ist sich aber sicher, dass die Täter aus dem direkten Umfeld stammen und Streitigkeiten um Schutzgeld das Motiv gewesen sei.
Früh hätten die Beamten auch ihn verdächtigt, weil er sich während des Anschlags am Tatort befunden hatte. Sieben Monate sei er von Beamten in ziviler Kleidung verfolgt worden: "Weil die Männer keine Uniform getragen haben, hatte ich anfangs Angst, dass mich Nazis verfolgen oder das Finanzamt. Erst als ich einmal falsch geparkt habe, hielt einer dieser Männer neben mir, erklärte mir, dass ich umparken müsse und zeigte mir seinen Dienstausweis. Da wurde es mir klar."
Anwohner: "Die Erinnerung ist wichtig"
Hakan Alagöz ist Geschäftsführer eines Juweliers, direkt am Anschlagsort. 2004 lebte er noch in der Türkei. Das Verbrechen und die Ermittlungsfehler kennt er nur aus Erzählungen: "Aber es kommen regelmäßig deutsche und türkische Touristen, die nach der Nagelbombe fragen", erzählt er. Seit fünf Jahren lebt Hakan Alagöz in Köln. Auch wenn der Anschlag von vor 20 Jahren in seinem Alltag keine Rolle spielt, ist ihm die Erinnerung daran wichtig: "Um gegen Rassismus zu kämpfen und damit so etwas nie wieder passiert."
Quelle:
- Reporterin vor Ort
- Zeugenaussagen
Über das Thema berichten wir am 09.06.2024 auch bei wdr aktuell im WDR Fernsehen.