Trauer op kölsch hilft Angehörigen und Freunden Lokalzeit aus Köln 31.10.2023 03:17 Min. Verfügbar bis 31.10.2025 WDR Von Christine Roskopf

Gedenken neu denken: In der Kneipe gemeinsam trauern

Stand: 02.11.2023, 13:05 Uhr

Im November wird an den christlichen Feiertagen traditionell der Verstorbenen gedacht. Die Friedhöfe sind an diesen Tagen meist voller als sonst - es werden Gräber geschmückt und Kerzen angezündet. Aber ist das noch zeitgemäß oder geht Trauern auch anders?

Von Christine Roskopf

Die 38-jährige Trauerbegleiterin Lisa Dukowski ist ein wenig aufgeregt. Schließlich war es ihre Idee, im Brauhaus gemeinsam zu trauern - mit Kölsch und Live-Musik. Sie will an diesem Abend fremde Menschen ins Gespräch bringen und zeigen, dass sie nicht alleine sind mit ihrer Trauer.

"Letztendlich geht es darum, das Thema Trauer aus der Tabu-Ecke zu holen und in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. Und dass man vielleicht auch eine etwas leichtere Art findet, damit umzugehen", erklärt sie.

Hundert Gäste haben sich angemeldet

Astrid Scheiffert begleitet heute ihren 82-jährigen Vater Hubert Werker. Nach 60 Jahren Ehe hat er im vergangenen Jahr seine Frau verloren. Die Tochter hofft, dass der Abend ihrem Vater gut tut und vielleicht auch neue Perspektiven eröffnet.

Delia und Merle trauern um ihre Schwester | Bildquelle: WDR/ Christine Roskopf

Die beiden Schwestern Merle und Delia haben von der Veranstaltung im Internet erfahren. Das Brauhaus weckt Erinnerungen an ihre verstorbene Schwester Swantje. Genau hier haben sie das letzte Mal zu dritt gefeiert. Und die 25-jährige Lara trauert um ihren besten Freund, der viel zu früh mit 32 Jahren gestorben ist.

Alle eint der Verlust und die Trauer

Die meisten Gäste schauen sich zunächst ein wenig verloren im Brauhaus um. Es kostet Überwindung, sich zu fremden Menschen an einen langen Tisch zu setzen. Um das Eis zu brechen, erzählt Lisa Dukowski vom plötzlichen Tod ihres Vaters und wie sie damit umgegangen ist.

In einem Kölner Brauhaus heißt es "trauern op kölsch" | Bildquelle: WDR/ Christine Roskopf

Neben ihr sitzen die Psychologen Nele Stadtbäumer und Daniel Bachmann. Die beiden haben eine Trauer-App entwickelt und auch sie erzählen von ihren persönlichen Verlusten. Hubert Werker wird später mit den Trauerexpertinnen reden und erfahren, wo er sich bei Bedarf professionelle Hilfe holen kann.

Die Gäste kommen ins Gespräch

Schnell wird klar, dass es die eine Art zu trauern gar nicht gibt. Alles, was hilft sei richtig, sagt Trauerbegleiterin Lisa. Nur das Verdrängen, wird oft betont, bereuen die meisten früher oder später. Und so hat der Abend auch für Astrid Scheiffert eine Erkenntnis gebracht. Nicht nur ihr Vater trauert, auch sie selbst möchte ihrer Trauer mehr Raum geben.

Und am Ende gibt es, was es so wohl nur in Köln gibt. Ein gut gelauntes, singendes Brauhaus. Zwei Musiker spielen kölsche Lieder, die das Leben feiern - und gleichzeitig zu Tränen rühren. Und noch bevor der Abend zu Ende ist, steht für Lisa Dukowski fest: "Trauern op kölsch" - das soll es von nun an öfter geben.