Junger Sportler besiegt Hodenkrebs Lokalzeit aus Aachen 07.11.2023 03:18 Min. Verfügbar bis 05.12.2025 WDR Von Till Oppermann

Junger Sportler kämpft sich nach Chemotherapie zurück

Stand: 05.12.2023, 14:20 Uhr

Felix Wittmann war schon deutscher Juniorenmeister im Mittelstreckenlauf. Hodenkrebs brachte seine Karriere ins Stocken. Jetzt kämpft sich der junge Kölner zurück an die Spitze.  

Von Till Oppermann

Schnee und Eis können Felix Wittmann nicht aufhalten. Weil der Wintereinbruch in Köln das Training auf der Laufbahn der Leichtathletik-Arena der Sporthochschule unbegehbar gemacht hat, plant der Mittelstreckenläufer kurzerhand um.

Seinen leichten Dauerlauf könne er auch im Stadtwald absolvieren, sagt Wittmann lächelnd und joggt los. Felix Wittmann trainiert jeden Tag.

Wittmann hat lange Leidenszeit hinter sich

Dass der 21-Jährige wieder auf ein Trainingslager mit der Nationalmannschaft und Wettkämpfe im Frühjahr hinarbeitet, ist keine Selbstverständlichkeit.

Wittmann hat Hodenkrebs überlebt. Zwischen seinem letzten Rennen und diesem kalten Dezembermorgen liegen eine Tumor-OP, eine Chemotherapie und eine lange Verletzungspause.

Der größte Triumph seiner jungen Karriere war für Wittmann der Ausgangspunkt für seine schwerste Prüfung.

2022 wird Wittmann deutscher Meister

Am 24. August 2022 fanden in Wattenscheid die deutschen Juniorenmeisterschaften der Leichtathleten statt. Ein wichtiger Wettkampf für Felix Wittmann, der über die 800 Meter zu den Favoriten gehörte. „Es war ein perfekter Wettkampf, ein perfekter Lauf“, fasst Wittmann mit leuchtenden Augen zusammen.

Du gewinnst die deutsche Meisterschaft, du bist deine absolute Bestzeit gelaufen“, erinnert sich Felix Wittmann heute. Für ihn sei das der Schritt gewesen, sich nach oben zu orientieren: „Richtung Olympia.“

Junge Männer besonders anfällig

Zwei Wochen nach diesem Erfolg bekam Wittmann einen Brief. Seine obligatorische Dopingprobe nach dem Rennen hatte auffällige Werte. Der damals 20-Jährige hatte Hodenkrebs.

Das ging von 100 auf 0 ziemlich schnell“, beschreibt Wittmann seine Gefühlslage. Obwohl er schon eine Weile Schmerzen in der Leistengegend gespürt hatte, konnte er sich eine derart schwerwiegende Diagnose nicht vorstellen.

Der 21-jährige Felix Wittmann beim Training. | Bildquelle: WDR

Tatsächlich ist ein junges Alter für Hodenkrebspatienten gar nicht so ungewöhnlich. Die meisten Patienten sind Männer zwischen 20 und 40 Jahren.

Die wenigsten von ihnen sind vorher regelmäßig zur Vorsorge gegangen – auch Felix nicht. Dabei stehen die Heilungschancen gut, wenn man die Krankheit früh entdeckt.

Felix muss zur Chemotherapie

Schnell nahm er das Training wieder auf. Sein Ziel waren die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Es folgte der zweite Schock: Eine Blutuntersuchung zeigte, dass Felix weiter vom Krebs befallen war. Er musste zur Chemotherapie.

Trotz der starken Medikation trainierte Felix weiter. Erst in der dritten und letzten Phase der Behandlung wird er zu schwach, um zu trainieren.

Ich bin 1,93 Meter groß und habe nur noch knapp unter 60 Kilo gewogen“, rechnet Wittmann vor. Die erfolgreiche Therapie feierte er wenige Tage nach seiner Heilung zum Jahreswechsel 2022 – 2023 mit einer Teilnahme am Aachener Silvesterlauf.

Langer Weg zurück

Rückblickend hätte er seinem geschwächten Körper eine längere Pause gönnen sollen, gibt Felix Wittmann fast ein Jahr danach zu. Aber er sagt auch: „Ich habe die letzten zehn Jahre meines Lebens in den Sport investiert und wenn das fehlt, dann fehlt ein großer Teil deiner selbst“.

Erst im September, genau ein Jahr nach seiner Krebsdiagnose, konnte er das Training endgültig wieder aufnehmen: „Da ist große Erfülltheit, dass ich überhaupt wieder laufen kann“, strahlt er. Auch seinem Weg zurück an die Spitze wird Wittmann noch eine weite Strecke zurücklegen müssen.

80 Kilometer davon stehen in dieser Woche auf dem Trainingsplan. „Es ist immer noch der gleiche Hunger“, sagt Wittmann gut gelaunt. Auch als er nach der Verabschiedung mit federnden Schritten in Richtung Wald joggt, lächelt er.

Unsere Quellen:

  • zwei Treffen mit Felix Wittmann
  • Krebsinformationsdienst