Die Bogestraße in Eitorf ist die wohl wichtigste Straße des Ortes. Hier sitzt nicht nur ZF, sondern auch der Feuerwerksproduzent Weco. Hier liegen die meisten Arbeitsplätze Eitorfs. Doch wie lange noch? Seit Herbst sind 690 Arbeitsplätze in Gefahr wegen der drohenden Schließung des ZF-Standorts. Doch die Belegschaft schöpft jetzt wieder Hoffnung. Die Gespräche haben begonnen.
Entspannte Atmosphäre
Direkt nach der ersten Gesprächsrunde sei er von den Kollegen belagert worden, erklärt Betriebsratsvorsitzender Heiko Höfer. Was war da los? Sind wir schon gerettet? Gibt es ein Ergebnis? "Nein, gibt es noch nicht", musste Höfer die Euphorie bremsen. Die Gespräche stehen erst am Anfang. Aber immerhin: die Atmosphäre sei entspannt gewesen. „Das war überhaupt nicht konfrontativ“, berichtet Höfer. Keine Seite habe Vorwürfe erhoben.
Das bestätigt der Vorsitzende der IG Metall Rhein-Sieg Michael Korsmeier. Er habe die Gespräche sehr konstruktiv erlebt. Und er habe die aufrichtige Bereitschaft des ZF-Managements wahrgenommen, eine Lösung zu finden. Offenbar, sagt der Gewerkschafter, zeige der Druck auf der Straße und auch über die Politik Wirkung. Auch in anderen Standorten hatten sich ZF-Mitarbeiter solidarisch gezeigt. Damit habe der Konzern nicht gerechnet, so Korsmeier. Wie lange die Verhandlungen andauern werden, ist noch ungewiss.
Lieferketten-Sicherheit wird wichtiger
Ob es eine Lösung geben wird? Prof. Dr. Stefan Bratzel vom „Center of Automotive Management“ in Bergisch Gladbach sieht dafür Chancen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Corona-Pandemie habe Probleme bei Lieferketten verursacht. Seitdem werde bei den Autobauern, aber auch bei den Zulieferern wieder mehr Wert auf Zuverlässigkeit gelegt. Das spreche für den Erhalt des Standorts Eitorf.
„Ein weiterer Punkt ist das Fachpersonal. Wegen des demografischen Wandels wird der Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt immer größer. Sollte ZF das Werk in Eitorf Ende 2025 schließen, droht der Automobilzulieferer hoch qualifiziertes Personal zu verlieren“, sagt Bratzel. Auch das sei ein Punkt, warum ZF überlegen sollte, den Standort zu erhalten.
Kostenfrage entscheidend
Entscheidend, erläutert der Auto-Experte, werde aber die Kostenfrage sein. Wegen der großen Herausforderungen in der Automobilbranche, der Transformation zur Elektromobilität, bleibe der Kostendruck hoch. Hierfür müssten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufeinander zubewegen und eine Lösung finden, so Bratzel.
Neue Verhandlungen bedeuten aber nicht, dass die Schließung vom Tisch ist. Dieses Szenario, wissen Betriebsrat Höfer und der IG Metall Vorsitzende Korsmeier, ist weiter eine Option bei den Verhandlungen. ZF erklärt auf WDR-Anfrage, dass Lieferketten und Fachkräftemangel aktuell keine Rolle spielen würden. Es ginge einzig um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Standortes.
Über dieses Thema haben wir am 18. Januar 2023 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr berichtet.