Mit geübten Händen knetet Mohammed Razma (35) den frischen Teig für Schokoweckchen. Trotz klirrender Kälte vor der Tür trägt er in der Backstube ein weißes T-Shirt. Denn bei der Akkordarbeit zwischen Backöfen und Teigmaschine zeigt das Thermometer an seinem Arbeitsplatz mehr als 20 Gad.
"Ich liebe diesen Job!", sagt er. Auch, wenn die Arbeit des dreifachen Familienvaters hier schon mitten in der Nacht beginnt. 2016 war er aus seiner Heimat Syrien nach Deutschland geflohen. Die Chance, in der Kölner Bäckerei Höschler als Aushilfsfahrer anzufangen, hat er vor sechs Jahren genutzt. Mittlerweile steht der gelernte Schuster kurz vor seiner Gesellenprüfung zum Bäcker.
Rund die Hälfte der Mitarbeiter lebt erst seit wenigen Jahren in Deutschland
Geschäftig trägt Mohammed einen großen Plastikkorb voll mit frisch gebackenen Brötchen in Richtung Verkaufsraum. Ohne ihn und andere Kollegen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, könnte Betriebsleiter Ramon Höschler (27) seinen Betrieb in dieser Form nicht weiterführen. Rund die Hälfte seiner Mitarbeiter in der Backstube lebt erst seit wenigen Jahren in Deutschland. "Wir haben in Deutschland das Problem, dass wir kaum noch Handwerker finden", sagt er. Viele Geflüchteten hätten sich dagegen bei ihm beworben.
Kurz vor Schichtende um halb acht am Morgen spricht er begeistert von seinen Mitarbeitenden aus Syrien, dem Irak oder dem Kosovo. "Wir haben festgestellt, dass sich Mitarbeiter mit Fluchthintergrund deutlich mehr engagieren im Beruf. Wir sind mit unseren Mitarbeitern wirklich zufrieden."
Möglichkeit zum Gebet für muslimische Mitarbeitende
Während er mit den Augen die Backwaren in der Auslage des Verkaufsraums mustert, erklärt Ramon Höschler die Vorteile seines Teams: "Durch die kulturelle Vielfalt können wir jetzt 365 Tage im Jahr produzieren. An Tagen wie Weihnachten arbeiten die Muslime. Dafür können sie an ihren Festen wie zum Beispiel Bayram frei haben. Das ist wirklich perfekt!"
Mohammed, der schon wieder am Teigmischer steht, freut sich, dass er und seine muslimischen Kollegen, wenn sie möchten sogar mehrmals am Tag beten dürfen: "Entweder beten wir im Umkleidezimmer oder unten im Keller. Meine Frau arbeitet hier auch als Verkäuferin. Sie trägt Kopftuch. Für unseren Chef ist das kein Thema. Er akzeptiert jede Religion." Für Ramon Höschler eine Selbstverständlichkeit. Schließlich würden andere Kollegen zwischendurch auch eine Pause machen.
Kollegen arbeiten gerne im Team
Während Agron aus dem Kosovo mit mehlbestäubten Händen ein Blech Käsebrötchen vorbereitet, wird Mohammed nachdenklich, als wir ihn auf die hohen Umfragewerte für die AfD und das Thema Rassismus ansprechen. "Rassismus gibt es in jedem Land. Die Migranten, die nach Deutschland kommen, sind Botschafter für ihre Herkunftsländer. Ich finde die Demonstrationen gegen Rassismus ganz wichtig."
Traum von der eigenen Bäckerei
Stolz erzählt Ramon Höschler, dass ein ehemaliger geflüchteter Mitarbeiter aus der Backstube mittlerweile bei einer Bank arbeitet. Ein anderer studiere Physik auf Lehramt. Auch die Augen von Mohammed leuchten, wenn er von seinen Plänen für die Zukunft erzählt: "Erstmal Geselle werden. Danach, wenn es gut klappt, versuche ich auch meinen Meister zu machen, damit ich mich irgendwann selbstständig machen kann. Das ist mein Traum."