In Wuppertal, Duisburg, Krefeld, Leverkusen und Gelsenkirchen haben Einsätzkräfte von Polizei, Ordnungsamt und Jobcenter mehrere Objekte durchsucht. Dabei ging es unter anderem um Sozialleistungs-Missbrauch und Verstöße gegen Meldepflichten.
Es handelte sich um verwahrloste Immobilien, in denen eine Vielzahl von Menschen aus Südosteuropa gemeldet seien, so die Behörden. Die Razzia ist Teil einer landesweiten Aktion gegen Tätergruppen, die kinderreiche Familien vom Balkan nach NRW lotsen - oft unter falschen Versprechungen.
Wie es zum Sozialleistungs-Missbrauch kommt
Laut Landeskriminalamt NRW stellen die Betrüger den kinderreichen Familien etwa aus Bulgarien und Rumänien hier ein besseres Leben in Aussicht. Sie sollten einen Arbeitsplatz bekommen und die Kinder eine gute Schulausbildung. Unmittelbar nach ihrem Eintreffen in Deutschland würden die Betrüger mit ihnen zum Einwohnermeldeamt und zur Familienkasse gehen. Es würden Anträge unterschrieben und Bankkonten eröffnet.
Doch von dem Geld würden die Menschen dann nichts mehr sehen: Nach nur wenigen Tagen erzählten ihnen die Betrüger wahrheitswidrig, sie seien vom Amt abgelehnt worden. Dann schickten sie die Familie zurück. In Deutschland kassierten die Betrüger das Geld dann weiter, da sie Zugriff auf die Konten der Betrogenen hätten.
Mehr als 100 Beamte im Einsatz
Seit dem frühen Donnerstagmorgen waren laut NRW-Heimatministerium weit mehr als 100 Beamte und Mitarbeitende der Kommunen in den Städten Wuppertal, Duisburg, Krefeld, Gelsenkirchen und Leverkusen gezielt gegen
- problematische Bau- und Wohnungsbestände
- Melderechtsverstöße
- Scheinarbeitgeber und Sozialleistungs-Missbrauch
- ausbeuterische Arbeitsverhältnisse
- Schwarzarbeit
- illegale Beschäftigung
- Verstöße gegen Hygienevorschriften
vorgegangen. Es wurden demnach mehr als 50 Gebäude sowie rund 80 bis 100 Wohneinheiten kontrolliert. Außerdem wurden mehrere Arbeitgeber überprüft.
Menschenunwürdige Umstände, teilweise Ratten
Viele der Betroffenen sprechen kein Deutsch und sind unter menschenunwürdigen Umständen untergebracht. Das hatte etwa die Stadt Wuppertal bereits bei anderen Kontrollen wiederholt festgestellt. Daher war nach WDR-Informationen Wuppertal der Schwerpunkt der Razzia.
André Stelzer, Einsatzleiter beim Jobcenter Wuppertal, sagte einem WDR-Reporter vor Ort: "Ziel der Aktionen ist im Wesentlichen eine melderechtliche Kontrolle." Das bedeute, die Einsatzkräfte stellten fest, ob sich die Personen, die hier angemeldet sind, auch tatsächlich hier aufhalten. Und darüber hinaus gehe es darum, bauordnungswidrige Zustände und elende Wohnverhältnisse aufzudecken.
Ministerin Scharrenbach: Ausbeutung von Menschen wird nicht geduldet
In Wuppertal war auch Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) dabei. "Wir schützen die Menschen, die mit Arbeitswillen und guten Absichten zu uns kommen. Mit dem gleichen Einsatz packen wir uns diejenigen, die Menschen ausbeuten", so die Ministerin in einer Presseinformation des Ministeriums. "In Nordrhein-Westfalen dulden wir weder Ausbeutung von Menschen, noch die Verwahrlosung von Wohnraum oder den organisierten Missbrauch unserer Sozialsysteme", sagt sie weiter.
Zum Teil seien nicht nur die Häuser, sondern auch die Grundstücke verwahrlost, zugemüllt und zögen teilweise Ratten an, so die Behörden. Deswegen kontrollierte auch die Bauaufsicht, um die Missstände zu dokumentieren und abzustellen. Bei einem der Wuppertaler Objekte soll es sich um ein ehemaliges Bordell handeln.
Auch Anstiftungen zur illegalen Beschäftigung
Seit 2022 führt die Stadt Wuppertal mit Unterstützung des Landes die Kontrollen durch. Mit großem Erfolg, sagte Martina Eckermann von der Stadt Wuppertal vor der Razzia. So wären zahlreiche Personen, die ihren Aufenthalt in Deutschland nur vortäuschten, abgemeldet worden.
In anderen Fällen wurden Menschen zu weiteren Straftaten angestiftet, etwa zur Aufnahme illegaler Beschäftigung. In diesem Zusammenhang hat die Stadt Wuppertal inzwischen viele Gewerbebetriebe aus dem Melderegister gelöscht.
Die Großrazzia richtete sich nach Angaben der Stadt Wuppertal ausschließlich gegen Kriminelle, die die Armut und Nöte anderer ausnutzen - nicht gegen Menschen, die rechtmäßig Sozialleistungen beziehen.
Unsere Quellen:
- Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW
- Landeskriminalamt NRW gegenüber der "Bild"-Zeitung
- Presseinformation des NRW-Heimatministeriums
- Stadt Wuppertal
- Reporter vor Ort
Über dieses Thema berichten wir am 23.01.2025 auch im Fernsehen, in der Aktuellen Stunde ab 18.45 Uhr.