Der Polizei in NRW fehlen tausende Arbeitskräfte. Auch mangelt es jedes Jahr an qualifizierten Bewerbern für die Ausbildung. Für das im September startende Ausbildungsjahr hatten sich zwar bis Mai mehr als 11.000 Bewerber gemeldet. Die vom Land angestrebten 3.000 Qualifizierten waren allerdings nicht darunter. Deshalb hatte die Landesregierung die Bewerbungsfrist noch einmal verlängert.
Zugespitzt wird der Personalmangel außerdem noch durch eine relativ hohe Durchfallquote bei der Polizeiausbildung. Nach Auskunft der Gewerkschaft der Polizei (GdP) fallen 20 Prozent der Anwärter in NRW in der Ausbildung durch, weil sie bei einer der vielen Fachprüfungen während des Studiums nicht die erforderliche Leistung erreicht hätten. Wer im Grundstudium bei einer Prüfung zweimal hintereinander durchrasselt, muss bislang die Ausbildung abbrechen.
Weitere Nachholprüfung möglich
Das soll sich jetzt ändern: Ab dem 1. September wird in NRW eine Regelung eingeführt, die es angehenden Polizeikräften erlaubt, bis zu zwei Einzelprüfungen ein zweites Mal zu wiederholen. Diese sogenannte "Joker-Lösung" gibt es in vielen anderen Bachelor-Studiengängen bereits.
"Nicht jeder, der die Ausbildung bei der Polizei beginnt, ist am Ende für den Polizeiberuf geeignet", räumt der GdP-Landesvorsitzende Michael Mertens gegenüber der Deutschen Presseagentur ein. Durch die bislang strengen Vorgaben aber verliere die Polizei "Jahr für Jahr hunderte von jungen Menschen, aus denen gute Polizisten geworden wären".
Hochschule für angestrebte 3.000 Neueinstellungen nicht ausgestattet
Die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung biete bereits Tutorien zur Wiederholung bestimmter Lehrinhalte an, erhalte dafür aber vom Land nicht die erforderlichen Mittel, bemängelte die GdP. Auch sei die Hochschule personell noch immer nicht ausgestattet für die angestrebten 3.000 Neueinstellungen pro Jahr. Die angehenden Polizistinnen und Polizisten würden dadurch schlechter betreut - was sich wiederum auf die Durchfallquote auswirke.
Polizeigewerkschaft mahnt weitere Mängel an
Kurz vor Ende der parlamentarischen Sommerpause in NRW mahnte die Gewerkschaft noch weitere Missstände an. So warteten die Beamten noch immer auf eine Entscheidung der Politik, ob die Bodycams künftig bei allen Einsätzen eingeschaltet sein sollen.
Nach den tödlichen Schüssen auf einen 16-jährigen Flüchtling in Dortmund und zuletzt den 34 Polizeischüssen auf einen 19-jährigen Autoraser in Bad Salzuflen war die Forderung immer lauter geworden, dass Polizeikräfte ihre Bodycams bei jedem Einsatz einschalten sollen. Bislang können sie das selber entscheiden - und der Einsatz soll ausdrücklich nur der Deeskalation dienen, nicht der Dokumentation.
Debatte um Bodycam-Einsätze belastet die Polizei
Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte zuletzt angedeutet, dass dieses Gesetz möglicherweise geändert werden müsse - bislang ist aber nichts passiert. "Die schwelende Bodycam-Debatte belastet unsere Kolleginnen und Kollegen", sagt GdP-Chef Mertens.
Zudem mahnt die Polizeigewerkschaft an, dass in den Großstadtpräsidien in Düsseldorf, Gelsenkirchen und Oberhausen derzeit entweder ohne oder nur mit provisorischer Leitung seien. Für das zweite Halbjahr 2023 hätten die Polizeipräsidenten in Köln, Aachen und Mönchengladbach ihren Abschied angekündigt.