Überflutete Straßen, vollgelaufene Keller, Hagelschäden und hochgedrückte Gullideckel - in vielen Teilen von NRW hat das Unwetter, das Donnerstagnachmittag über das Land hereinbrach, hunderte Feuerwehreinsätze ausgelöst. Insgesamt sprachen die Einsatzkräfte von einem normalen, aber ausgeprägt großen Sommergewitter. Das fiel örtlich kräftig aus.
Erste Bilanz: 24 Unfälle, eine Million Euro Schaden
Die Polizei meldete bis in den frühen Morgen 24 witterungsbedingte Verkehrsunfälle mit sechs leicht Verletzten. Zudem habe es 63 weitere Einsätze zur Unterstützung der Feuerwehr gegeben. Eine erste Bilanz ergab, dass die Lage in NRW relativ glimpflich blieb. Es gab weder Verletzte noch Evakuierungen. Der Gesamtschaden wurde in der Zwischenbilanz auf landesweit rund eine Million Euro beziffert.
Die Feuerwehr im Rhein-Sieg-Kreis hatte bis in den Morgen zu tun. In Swisttal stapelte sie Sandsäcke zum Schutz der Häuser und kontrollierte den Pegel der Swist. Der überschritt im Laufe der Nacht zeitweise die höchste Warnstufe 3. In Meckenheim überflutete Starkregen Teile der Autobahnen A 565 und A 61. Bei Duisburg musste die A59 gesperrt werden. In Herzogenrath hatte die Feuerwehr Wälle aus Sandsäcken angelegt, um die Innenstadt vor Überflutungen durch die Wurm zu schützen. Dort wie auch an der Swist geht das Wasser mittlerweile zurück.
Die Feuerwehr baut einen Schutzwall gegen das Fluß-Wasser der Swist.
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Flüsse wurden engmaschig beobachtet
Rund 300 Einsätze gab es auch in dem von der Flutkatastrophe 2021 getroffenen Kreis Ahrweiler im benachbarten Rheinland-Pfalz. Hier waren Straßen nicht mehr passierbar, Gullideckel hatten sich aus der Verankerung gehoben. Am Abend wurde dort kurzzeitig der Katastrophenalarm ausgerufen. Dies wurde dann aber korrigiert und auf die Warnstufe 4 von 5 gestuft. Die Pegelstände der Ahr, ihrer Nebenflüsse und -bäche wurden engmaschig beobachtet, in der Nacht gab der Kreis wieder Entwarnung.
Am Morgen begannen erste Aufräumarbeiten. Bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 waren in Rheinland-Pfalz 136 Menschen gestorben, davon 135 in der Ahr-Region und einer im Raum Trier. Tausende Häuser wurden zerstört, Straßen und Brücken weggespült.
Panik und Angst im Ahrtal
Reporter Marius Reichert berichtet am Freitagnachmittag im WDR-Fernsehen aus Bad Neuenahr-Ahrweiler. Er habe bei den Menschen Panik und Angst wahrgenommen - so viel wie seit 2021 nicht mehr. "Da waren Menschen, die schon getriggert wurden von dem Sirenengeheul, das natürlich da war." Bei vielen kommen da die Erinnerungen hoch an die Ereignisse vor drei Jahren, erzählt Reichert.
"Viele, viele Menschen bei uns sind sehr traumatisiert und es waren jetzt einfach schlimme Stunden", sagt Landrätin Cornelia Weigand am Abend im WDR-Fernsehen. Die Gefühle jetzt wieder "runterzuregeln", sei für viele nicht einfach. Die Pegel seien aber mittlerweile unauffällig und es gebe auch keine weiteren Unwetterwarnungen, betont Weigand.
Autofahrer muss aus Wassermassen befreit werden
Auch in Grevenbroich im Rhein-Kreis Neuss war die Feuerwehr bis in den späten Abend im Dauereinsatz. Sie meldete mehrere überflutete Bauernhöfe, die teils bis zu 70 Zentimeter unter Wasser standen. Auch zahlreiche Keller und Garagen wurden überflutet. Im Ortsteil Noithausen überströmte Wasser von Feldern eine Stützmauer an einer Straße und spülte Geröll und Steine auf die Fahrbahn. Bis 22.30 Uhr waren rund 100 Helfer im Einsatz.
In Mönchengladbach wurde ein Mann in seinem Auto von den Wassermassen eingeschlossen. Er musste von der Feuerwehr befreit werden. In Krefeld brannte ein Dachstuhl - vermutlich durch einen Blitzeinschlag, wie die Feuerwehr mitteilte. In der Städteregion Aachen musste die Feuerwehr zu 370 Einsätzen ausrücken - auch dort vollgelaufene Keller, umgestürzte Bäume, überspülte Straßen, ausgehobene Gullydeckel und steigende Bäche. Einsatzkräfte mussten ein Auto aus einer vollgelaufenen Unterführung in Aachen befreien. Verletzt wurde nach Angaben der örtlichen Leitstellen aber niemand.
Örtlich zum Teil heftiger Regenfall
Besonders viel Regen fiel bis in die Nacht im Kreis Euskirchen, vor allem im Gemeindegebiet Dahlem. Dort wurden stellenweise fast 90 Liter pro Quadratmeter gemessen, so viel wie nirgendwo sonst bundesweit. Auch im Hohen Venn in der Eifel wurden weit mehr als 30 l/m² Regen pro Stunde gemessen. Ähnlich in Remscheid: Dort kam lokal weit mehr als 30 l/m² Regen innerhalb einer Stunde vom Himmel.
Die Temperaturen erreichen am Freitag nur noch bis 17 Grad
Nach Abzug der Gewitter am frühen Freitagmorgen zeigte sich regnerisches Wetter bei erheblich kühlerer Luft zwischen 10 bis 17 Grad. In der Nacht auf Samstag bleibt es laut WDR-Wetterredaktion dann überwiegend trocken, bei 9 bis 2 Grad.
- Am Samstag erst zeitweiliger Sonnenschein, im Tagesverlauf aber in einigen Gebieten Regen oder Schauer möglich bei Höchstwerten von 17 bis 20 Grad.
- Am Sonntag unbeständiges Wetter: Neben vielen Wolken mit Schauern und einzelnen Gewittern zwischendurch auch Sonne bei 15 bis 19 Grad.
- Am Montag weiterhin wechselhaft mit Sonne, Wolken und regionalen Schauern sowie örtlichen Gewittern. Maximal 16 bis 21 Grad.
Temperatur hoch, Temperatur runter - ist das normal?
Vorige Woche noch Frost und einstellig - gestern bis zu 28 Grad - Freitag wieder 10 Grad. Kalt, warm, kalt innerhalb so kurzer Zeit. Ist das noch normal? "Ja", sagt WDR-Meteorologe Jürgen Vogt. Die Monate April und Mai seien die klassischen Übergangsmonate zwischen Winter- und Sommerwetter. "Kommt die Luft aus Norden, wird es kalt. Kommt sie aus Süden, erleben wir in NRW Wärmewellen."
Vogt erinnert an den 13. April, da hatten wir das auch - "mit sommerlichen Temperaturen über 25 Grad - und nachts bis zu minus 6 Grad Mitte dieser Woche".
Auch Anfang Mai könne diese Spanne noch sehr groß sein. "Wir hatten schon heiße Tage mit zu 32 Grad - etwa in Köln, Duisburg, Düsseldorf und Elsdorf Anfang Mai 1976 - und wir hatten schon frostige Tiefstwerte, zum Beispiel mit minus 9 Grad am Boden in Köln-Stammheim. Das war 1941", sagt Vogt.
Unsere Quellen:
- WDR-Wetterredaktion
- WDR-Meteorologe Jürgen Vogt
- Deutscher Wetterdienst
- Leitstellen der Feuerwehren in NRW